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                      Schloss 
                      Ludwigsburg und die Herren Württembergs Notizen zur Baugeschichte
Ludwigsburg zählt zu den größten Barockschlössern Europas. 
                      Erbauen ließ es Herzog Eberhard Ludwig (reg. 1693-1733) 
                      mit Hilfe auswärtiger Architekten. Die gewaltige, bald zur 
                      Residenz erhobene Anlage erwarb dem Herzog Prestige im Kreis 
                      der deutschen Fürsten. Unter Herzog Carl Eugen (reg. 1744-1793) 
                      diente das Schloss als Bühne für rauschende Feste und erhielt 
                      passende Anbauten und Dekor im Stil des Rokoko. Herzog Friedrich 
                      II. (reg. 1797-1816, ab 1806 als König) ließ repräsentative 
                      Räume klassizistisch umgestalten, doch endete das Hofleben 
                      in Ludwigsburg bald nach seinem Tod. Die Anlage verlor sich 
                      aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit. Mit der Restaurierung 
                      und Eröffnung neuer Museen findet die 300jährige Baugeschichte 
                      2004 einen vorläufigen Abschluss. 
                     Herzog Eberhard Ludwig (reg. 1693-1733)Aus dem Jagdhaus Erlachhof wird Schloss Ludwigsburg
 1696 wurde Herzog Eberhard Ludwig 
                      knapp sechzehnjährig für volljährig erklärt. Obwohl das 
                      Land vom Reichskrieg gegen Frankreich erschöpft war, begann 
                      sich Eberhard Ludwig aufwendig als absolutistischer Herrscher 
                      zu inszenieren. 
                     Auf Reisen hatte sich der Herzog architektonische Anregungen 
                      geholt und gab 1699 den Befehl, das im Spanischen Erbfolgekrieg 
                      zerstörte Jagdhaus Erlachhof durch einen Neubau zu ersetzen. 
                      Beflügelt durch seinen Anteil am Sieg der vereinigten englisch-niederländischen 
                      und kaiserlichen Heere über eine französisch-bayerische 
                      Streitmacht bei Höchstädt (1704), gab er dem Bauprojekt 
                      eine neue wesentlich repräsentativere Dimension. Auch sollte 
                      die Anlage künftig mit seinem Namen verbunden sein und Ludwigsburg 
                      heißen. 
                     Die Bauleitung lag seit 1707 in den Händen des norddeutschen 
                      Architekten Johann Friedrich Nette (1672-1714). Nette plante 
                      eine Dreiflügelanlage mit hufeisenförmigem Grundriss. An 
                      den zentralen Fürstenbau (Corps de Logis), schlossen sich 
                      der Ordensbau als westlicher Flügel und der Riesenbau als 
                      östlicher Flügel der Anlage an. Beiderseits des Corps de 
                      Logis entstanden zwei quadratische Pavillons. 
                     Für seinen Bau warb Nette in Böhmen und Oberitalien Maler 
                      und Stuckateure an. Einer von ihnen, Donato Guiseppe Frisoni 
                      (1683-1735), trat nach Nettes Tod 1715 auch die Bauleitung 
                      an. Nach Frisonis Plänen wurden die Flügel des Schlosses, 
                      Riesenbau und Ordensbau, um die beiden Kavaliersbauten verlängert. 
                      An den Übergängen zwischen den alten und den neuen Flügelbauten 
                      ließ Frisoni außerdem zwei neue Zeremonialgebäude errichten, 
                      die nach außen vorgelagert waren: den Ordenssaal im Westen 
                      und die Schlosskapelle im Osten. Als nördlicher Abschluss 
                      und Blickfang der Anlage entstand schließlich bis 1719 das 
                      leicht erhöht gelegene Lustschloss Favorite. 
                     Ludwigsburg wird Residenz 
                     Eberhard Ludwigs baulicher Ehrgeiz begnügte sich nicht 
                      mit seinem neuen Schloss. Er förderte auch die Entwicklung 
                      einer zugehörigen neuen Stadt. Ihre Anlage diente der leichteren 
                      Versorgung des Schlosses, zeigte aber auch die wachsenden 
                      Reserven des Herzogs gegenüber der alten württembergischen 
                      Residenzstadt Stuttgart. Eberhard Ludwigs Amtsführung, seine 
                      über die Maßen kostspieligen Bauten und die Tatsache, dass 
                      er als erster Herzog offen mit einer Mätresse, Wilhelmine 
                      von Grävenitz (1686-1744), lebte, erregte die Kritik 
                      der württembergischen "Ehrbarkeit" und der in Stuttgart 
                      tagenden Ratsgremien. Eberhard Ludwig zog sich darum immer 
                      mehr von Stuttgart zurück und verlegte seine Residenz 1718 
                      nach Ludwigsburg. 
                     Die Verlegung des Hofes stieß in Ludwigsburg gewaltige 
                      Erweiterungsbauten an. Ab 1720 ließ der Herzog das Neue 
                      Corps de Logis als südliches Pendant des Alten Corps de 
                      Logis errichten. Die Ausführung lag bei Frisonis Neffen 
                      Paolo Retti (1691-1747). Das Alte Corps de Logis erhielt 
                      einen Pavillonaufsatz, um als wichtigstes Gebäude der Anlage 
                      erkennbar zu bleiben. Die bisherigen Flügelbauten verlängernde 
                      Galerien stellten die Verbindung zwischen dem Alten Corps 
                      de Logis und Rettis Neuem Corps de Logis her. Die Residenz 
                      wurde damit zu einer geschlossenen Vierflügelanlage, vergleichbar 
                      dem Louvre oder den Königsschlössern in Stockholm und Berlin. 
                      Ab 1725 entstanden zudem der Theaterbau am Ostflügel und 
                      der Festinbau am Westflügel der Anlage. Sie waren den Kavaliersbauten 
                      außen vorgelagert und rahmten in Verbindung mit den Flügelgalerien 
                      und den seitlichen Ausläufern des neuen Corps de Logis zwei 
                      neue, halb offene Außenhöfe ein, durch dieman nun in die Anlage gelangte.
 Herzog Carl Eugen (reg. 1744-93)Ludwigsburg wird zur Festbühne des Rokoko
 Eberhard Ludwig hinterließ keinen Sohn oder Enkel. Darum 
                      ging die Herrschaft 1733 auf seinen Neffen Carl Alexander 
                      über, der allerdings schon 1737 starb. Carl Alexander folgte 
                      sein Sohn Carl Eugen, der 1744 
                      im Alter von 16 Jahren die Regierungsgeschäfte übernahm. 
                     Carl Eugen setzte Stuttgart zunächst wieder in seinen alten 
                      Rang als Residenz ein, woraufhin ihm die württembergischen 
                      Landstände Gelder zum Bau des Stuttgarter Neuen Schlosses 
                      bewilligten. Doch hielt er sich meist in seinem neu erbauten 
                      Lustschloss Solitude oder in Ludwigsburg auf. 1764 verlegte 
                      er die Residenz dorthin zurück. 
                     Carl Eugen entwickelte seinen Hof zu einem weit ausstrahlenden 
                      kulturellen Zentrum. Seine Oper, sein Orchester und sein 
                      Ballett waren von europäischem Rang. Das gilt auch für die 
                      verschwenderischen Hoffeste. Im September 2004 findet in 
                      Ludwigsburg eine venezianische Messe statt. Sie nimmt ein 
                      Arrangement des Herzogs auf, der seiner Hofgesellschaft 
                      eine Kulisse für maskierte Vergnügungen bieten wollte. Auch 
                      die 1758 eröffnete Porzellanmanufaktur geht auf Carl Eugen 
                      zurück. 
                     An Veränderungen der Schlossanlage sind zunächst Interieurs 
                      zu nennen. 1757 ließ sich Carl Eugen im Neuen Corps de Logis 
                      durch seinen Oberbaudirektor Philippe de La Guêpière (um 
                      1715-1773) ein reich mit Malereien, Damasttapeten sowie 
                      vergoldeten Stuck- und Holzarbeiten ausgestattetes Appartement 
                      einrichten. Im Jahr darauf machte man das bis dato leerstehende 
                      Theatergebäude spielfertig, dessen Maschinerie sich in großen 
                      Teilen erhalten hat. Wieder abgerissen wurde Carl Eugens 
                      Opernhaus, eine hölzerne Konstruktion, die im Inneren ganz 
                      mit Spiegelglas ausgekleidet war. Auch der 1761 am Neuen 
                      Corps de Logis angelegte Orangeriegarten ist heute verschwunden. 
                      Er zählte einmal zu den größten Europas. 
                     Stuttgart wird endgültig zur Residenz erhoben und Ludwigsburg 
                      verfällt zur "Grasburg" 
                     1770 obsiegten die württembergischen Landstände nach mehrjährigem, 
                      beim Reichshofrat in Wien geführten Prozess über ihren Herzog. 
                      Ein Erbvergleich verpflichtete Carl Eugen, die Ausgaben 
                      für den Hof zu begrenzen und die Stände wieder in der hergerbachten 
                      Form an der Regierung zu beteiligen. Tatsächlich veränderte 
                      er in den folgenden Jahren seinen Herrschaftsstil und regierte 
                      "landesväterlicher". Seine Residenz verlegte er 1775 zurück 
                      nach Stuttgart und ließ die Aufwendungen für Ludwigsburg 
                      auf ein Minimum reduzieren. Ludwigsburg verödete, Unkraut 
                      spross zwischen dem Pflaster und die Stadt wurde im Volksmund 
                      "Grasburg" genannt. 
                     Herzog Friedrich II. (reg. 1797-1816; seit 1806 als 
                      König Friedrich I.)Sommerresidenz
 Carl Eugen folgten seine Brüder Ludwig Eugen (reg. 1793-1795) 
                      und Friedrich Eugen (reg. 1795-1797), deren Herrschaft keine 
                      nennenswerten Spuren hinterlassen hat. Fürstlich gebaut 
                      wurde in Württemberg erst wieder unter Friedrich Eugens 
                      Sohn, Herzog Friedrich II.  
                     Friedrich ließ das Ludwigsburger Schloss durch Nikolaus 
                      Friedrich von Thouret (1767-1845) als Sommerresidenz klassizistisch 
                      "modernisieren". Friedrichs Erhebungen zum Kurfürsten (1803) 
                      und König (1806) sollten in den wichtigsten Repräsentationsräumen 
                      sichtbar werden. Bleibend waren die Umbauten im Theater, 
                      dem ehemaligen Ordenssaal, der zur Kapelle des 1806 gestifteten 
                      Goldenen Adlerordens ausgestaltet wurde, und Thourets Veränderungen 
                      der Außenanlage. Er ließ Carl Eugens Opernhaus abreißen 
                      und dafür den Schüsselesee anlegen. Beiderseits des Neuen 
                      Corps de Logis entstanden miniaturisierte englische Landschaftsgärten. 
                      Zudem vollendete Thouret auch das nahe Ludwigsburg gelegene 
                      Lustschloss Monrepos, das unter Carl Eugen begonnen worden 
                      war. 
                     Witwensitz, Aktenstaub und württembergische Verfassungsgeschichte 
                     Nach König Friedrichs I. Tod diente Schloss Ludwigsburg 
                      seiner Witwe Charlotte Mathilde 
                      (1766 -1828) als Wohnsitz. Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts 
                      wurden in der Anlage Behörden und Archive untergebracht. 
                      Die große Geschichte des Schlosses geriet jedoch nicht in 
                      Vergessenheit. 1919 wählte man den Ordenssaal, um die erste 
                      demokratische Verfassung Württembergs anzunehmen. 100 Jahre 
                      zuvor hatte an gleicher Stelle König Wilhelm I. die erste, 
                      monarchisch gebundene Verfassung des Landes verkündet. 
                     Museales Barockerlebnis 
                     Das Ludwigsburger Schloss blieb im Zweiten Weltkrieg von 
                      Zerstörungen verschont. Als die Behörden und Archive das 
                      Schloss ab 1991 nach und nach verließen, lag die Entscheidung 
                      nahe, die Anlage als großzügigen Museumskomplex zu nutzen. 
                      Immerhin war hier seit 1959 das Museum "Höfische Kunst des 
                      Barock" untergebracht, eine Zweigstelle des Württembergischen 
                      Landesmuseums. Nach aufwendiger Restaurierung öffnen nun 
                      zum 300. Jahrestag des Baubeginns 2004 das Schlossmuseum, 
                      die Barockgalerie, das Keramikmuseum sowie das Modemuseum 
                      ihre Pforten. 
                     Text: Staatsanzeiger-Verlag |