|               Gegenstände aus fernen Erdteilen kündeten von der Aufgeschlossenheit
              württembergischer Herzöge, die damit Anteil an der Entdeckung
              der Welt hatten: Reisende brachten faszinierende Stücke aus
              fremden Kulturen mit und übergaben sie der Stuttgarter Kunstkammer.
              Die Herzöge erwarben auch gezielt Importe und bereicherten
              damit ihre Sammlungen.  Schon früh bekundete Herzog Friedrich I. (1557–1608)
                sein Interesse für ethnografische und naturkundliche Objekte.
                So besuchte er 1592 auf seiner Englandreise die Raritätenkammer
                des weitgereisten niederländischen Autors Bernard Paludanus
                (1550–1633) und ließ eine Beschreibung von dessen
                Wunderkammer anfertigen.  1605 dankt der Herzog seinem Sohn Johann Friedrich für ein
                aus China stammendes Neujahrsgeschenk, zwei Jahre später schenkt
                dieser ihm „etliche indianische Sachen für seine Wunderkammer“ – „indianisch“ galt
                bis ins 18. Jahrhundert als Sammelbegriff für ostasiatische
                und amerikanische, bisweilen auch afrikanische Exotika.  Großer Beliebtheit erfreuten sich auch Kleidungstücke
                fremder Völker oder Zeugnisse ihrer Lebensgewohnheiten wie
                ein „armenicanisch Beth aus brasilianischem Gras gemacht,
                welches diselbige Einwohner an zween Baum pflegen anzubinden und
                darinnen ligen und ru(o)hen“; gemeint ist eine Hängematte.
                Die Objekte wurden nicht nur in der Kunstkammer verwahrt, sondern
                kamen auch bei Festen mit Kostümumzügen zum Einsatz.
                Bei einem Ringrennen am 25. Februar 1599 trat Herzog Friedrich
                I. kostümiert als Königin Amerika auf, wie eine zeitgenössische
                Illustration belegt. Begleitet wird er von Schildträgern,
                die aztekische Federschilde mit sich führen. Diese Federschilde
                befinden sich noch heute im Besitz des Landesmuseums Württemberg;
              von ihnen existieren nur noch vier Exemplare – weltweit.
 Federschild. 
                Mexiko, vor 1521. 
                Landesmuseum Württemberg, Stuttgart© 
              H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
  In
                der Stuttgarter Kunstkammer staunten die Besucher über
                Fabelwesen wie einen gehörnten Hasen, über angeblich
                von Tieren geschaffene Objekte, etwa eine Silbermünze, die
                von einem dressierten Eichhörnchen geprägt wurde und über
                heute verlorene Kuriositäten, wie Seidenfäden in der
                Länge der Jungfrau Maria oder schwimmfähige Eisennägel.
                Ebenso von Interesse waren Zeugnisse der Weltentdeckung, wie
                ein Stück Holz „von Franci Draco [Francis Drake] Schiff,
                welches umb die ganze wellt gefahren“.   Aufgrund des intensiven maritimen Austauschs zwischen Asien
                und Europa im 16. und              17. Jahrhundert gelangten vermehrt asiatische Luxusgüter in
                die Sammlungen. Feine chinesische Arbeiten aus Jade und fragiles
                Porzellan waren sehr begehrt.  Hans Petzolt, Turboschnecken-Pokal. Nürnberg, spätes
                  16. Jh. Landesmuseum Württemberg, Stuttgart© H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
 Neben künstlerischen und naturkundlichen Gesichtspunkten
                waren wunderbare Eigenschaften und existenzielle Themen wichtige
                Aspekte
                  des Erfahrungsraumes Kunstkammer.  |