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 Das
                Gewölbe des des südlichen Querhauses wird von einem
                Säulenbündel getragen, an dem Posaunenengel das Jüngste
                Gericht verkünden.Dieses Säulenbündel stellt eine technische Revolution dar, weil die
Masse des noch im Nordquerhaus geschlossenen Trägers in einzelne schlanke
Dienste aufgelöst und der Zwischenraum zwischen den einzelnen Diensten zur
Anbringung des großartigen Figurenzyklus genutzt ist.
 An der Balustrade dahinter (links außerhalb des Bildes) wartet der Überlieferung
nach ein misstrauischer Zeitgenosse des Baumeisters bis zum heutigen Tag, dass
der Pfeiler einstürzt (Figur des 15. Jahrhunderts).
 
 Christus
                thront nicht als majestätischer Weltenrichter, wie noch
                in den Bildprogrammen des 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts üblich,
                sondern folgt eher der Gestaltung des "Schmerzensmannes", die
                dann erst im 14. und 15. Jahrhundert üblich wird. Die seltsam
                verdrehte Haltung, die in der Kunstgeschichte oft Anlaß zur
                Kritik an der Ausarbeitung des Figurenprogramms gab, erklärt
                sich daraus, dass er nicht segnet (linke Hand erhoben!), sondern
                seine Wundmale zeigt. Außerdem blickt er - ungewöhnlich
                für die damalige Zeit - konkret in den Raum des Kirchenschiffes
                hinunter: Die Figur ist für den eintretenden Gläubigen
                nicht sofort zu sehen, sondern sie ist so angebracht, dass sie
                ihren Blick auf den damals vorhandenen Kreuzaltar der Gemeinde
                richtete.  Damit folgt der leidende Christus des Engelspfeilers
                einem neuen Ideal, das wohl durch franziskanische Vermittlung
                zwischen 1223 und 1226 nach Strassburg kam. Seine Haltung entspricht
                auch der Zeile aus dem "Dies irae", das im franziskanischen Umkreis
                entstanden ist: "Quaerens me sedisti lassus" - "Mich suchend
                saßest du erschöpft". Das Zeigen der Wundmale ist
                das eigentliche Thema dieser Figur, die Wundmale waren dementsprechend
                farbig ausgelegt.  Literatur: Der Christus am Strassburger Engelspfeiler. Ein
                  frühes franziskanisches Denkmal. Neue Zürcher Zeitung,
              11. April 1998
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