Bei den Backsteinmachern und Fischern
                von Rust
               Über Ottenheim, wo eine Schiffsbrücke über
                den Rhein führt, über Nonnenweier, Wittenweier und
                Kappel, wo sich noch Fischerzünfte aus dem Mittelalter erhalten
                haben, gelangen wir in das südlichste Dorf der Ortenau,
                nach Rust. Hier wohnt seit nahezu 500 Jahren die aus dem Elsaß stammende
                  Familie Böcklin von Böcklinsau in der Baltasarburg,
                  einem der schönsten ländlichen Renaissanceschlösser
                  Badens.
              Nähert man sich diesem Dorfe, so fallen uns im freien Feld
                zahlreiche kleine Ziegeleien auf. Heute sind noch etwa zehn davon
                in Betrieb; früher waren es über zwanzig. Rust ist
                seit alters her das „Dorf der Backsteinmacher". Der
                fette Lehmboden eignet sich gut zur Herstellung von Backsteinen
                und Ziegeln. Jeder Ziegler hat seinen eigenen Lettenacker. In
                mühsamer Handarbeit werden die Backsteine geformt. Nach
                der Lufttrocknung erfolgt das Brennen im primitiven Ofen. In
                der ganzen Gegend sind die Ruster Backsteine ob ihrer Güte
                und Billigkeit geschätzt.
              In der Fischergasse besuchen wir den 70jährigen Meister
                der Ruster Fischerzunft. Auf der unteren Elz und auf dem Altrhein
                hat die Zunft freies Fischrecht. Aus dem Jahre 1425 stammen die ältesten
                Urkunden der Ruster Fischer. Im „Adler" schauen wir
                das Zunftschild. Am Kirchweihmontag wird hier alljährlich
                das Fischerfest gefeiert. Diesem geht ein Gottesdienst voraus.
                In der Kirche befindet sich die mit dem Bild des heiligen Petrus
                geschmückte grüne Zunftfahne.
              Kleinbauern wohnen im Dorf. Die Scholle allein
                vermag den großen
                Ort nicht zu ernähren. So ist es ein Glück, dass die
                Ruster im Backsteinmachen, in der Fischerei, namentlich aber
                in der Zigarrenindustrie — sechs Zigarrenfabriken sind
                im Dorf — einen lohnenden Nebenverdienst finden.
              Zwischen hohen Akazienbäumen steht das alte Ruster Schloss:
                die Baltasarburg. Im hohen Treppenturm, in den Vielen und Gemächern
                darf man kostbare Ahnenbilder, Wappen, Waffen und alte Stiche
                schauen, die ein Bild geben von der Geschichte des Schlosses
                und des Böcklinschen Geschlechtes. Einer der Böcklin
                war Kanzler Karl V. und Domprobst zu Magdeburg; in der Böcklinskapelle
                des Freiburger Münsters ist er beigesetzt.
              Eine Traumwelt ist der Schlosspark. Blaue Schwertlilien blühen
                darin. Die Elz fließt mitten durch den Park, durch einen
                Dom alter Bäume, gotische Madonnenbilder, von Rosenbüschen
                umsponnen, stehen auf der Elzbrücke, Grünspechte fliegen
                von Baum zu Baum.