Von Nordrach zum „Vogt auf Mühlstein"
              An Großartigkeit und Weiträumigkeit steht die Tal-
                und Dorfschaft Nordrach derjenigen von Harmersbach wenig nach.
                Aber reichsfreie Bauern wie die Harmersbacher waren die Nordracher
                nicht. Nordrach gehörte, wie Entersbach, ins Gebiet der
                Reichsstadt Zell.
              Wir wandern durchs Nordracher Tal bis in den hintersten Talwinkel:
                nach „Nordrach-Fabrik", wo das Gengenbacher Kloster
                um 1790 eine Glasfabrik errichtete, die dem Zinken den Namen
                gab. An Stelle der Glasfabrik trat später eine Bürstenfabrik.
                1890 erwarb Dr. Otto Walter die Gebäulichkeiten. Er wurde
                der Begründer der heute noch bestehenden berühmten
                Nordracher Lungenheilstätte.
              Ins Dorf zurückgekehrt, halten wir in der „Stube" Einkehr.
                Sie befindet sich im Besitz von Nachkommen des „Hermesbur".
                Wir weilen im Hansjakobland.
              So schön Nordrach ist mit seinen Sägewerken und Bauernhöfen — einer
                davon ist der „Hermeshof" — uns lockt der Mühlstein,
                der uralte Hof hoch über Nordrach.
              Steile Wege führen empor. Beerenfrauen und Rüttibrennern
                begegnen wir. Droben im einsamen Hof lernen wir Josef Erdrich
                kennen, einen Nachkommen des durch Hansjakob berühmt gewordenen
                Vogts, einen getreuen Freund und Verehrer des Haslacher Dichters.
                Dieser 80jährige Bauer und Wirt ist selbst eine echte Hansjakobgestalt,
                Er erzählt uns die Geschichte seines Hofes. Er weiß viel
                von Hansjakob, der erstmals 1891 auf dem Mühlstein weilte,
                und den er später gar oft in Biberach, Haslach oder Hofstetten
                mit der Kutsche abholte, zu erzählen. 1893 erschien die
                meisterhafte Erzählung „Der Vogt auf Mühlstein".
              Als Hansjakob 1912 zum letztenmal hier oben weilte, schrieb
                er einen Abschiedsgruß ins Gästebuch: „Ich komme
                auf Mühlstein zum letztenmal; / Bring heute ihm den Abschiedsgruß,
                / Weil balde ich jetzt sterben muss. / Wir Menschen kommen und
                gehen, / Wie der Hans und die Magdalen. / Eins nur bleibt in
                der flüchtigen Zeit: / Ewiges Lieben - ewiges Leid."
              Da wir zum Abschied dem silberhaarigen Josef Erdrich die Hand
                schütteln, ist es uns, als wären wir dem getreuen Eckhart
                der Waldberge begegnet.