| Sechs Jahre lang hat der Frankfurter Philologe Dr. Thomas
                      Richter an der Entschlüsselung der berühmten
                      Tontafeln aus der syrischen Königsstadt Qatna gearbeitet.
                      Doch eine nahezu unbekannte Sprache auf den 3000 Jahre
                    alten Tafeln gibt noch immer Rätsel auf. Es war ein Sensationsfund, wie er nur selten gelingt:
                      2002 entdeckten Archäologen bei Ausgrabungen der syrischen
                      Königsstadt Qatna 73 Tontafeln und weitere Tontafelfragmente
                      mit Keilschrift. Für die Wissenschaftler waren die über
                      3000 Jahre alten Tafeln aus der Bronzezeit von unschätzbarem
                      Wert, doch ihr Inhalt blieb zunächst rätselhaft.
                      Jetzt hat der Philologe Dr. Thomas Richter von der Universität
                      Frankfurt nach sechs Jahren die schwierige Übersetzung
                      beendet; jedoch konnten nicht alle Fragen beantwortet werden. Der Fund der Tontafeln war purer Zufall. Bei ihren Ausgrabungen
                      am Königspalast von Qatna stießen die Wissenschaftler
                      auf einen geheimnisvollen Gang. Und hier fanden sich Keilschrifttafeln
                      unterschiedlicher Ausmaße. Einige erreichten in etwa
                      die Größe von Postkarten, andere waren gerade
                      einmal drei mal fünf Zentimeter groß. Eine für
                      die Forscher glückliche Fügung war Grund dafür,
                      dass sehr viele Tafeln vollständig erhalten blieben:
                      Als der Königspalast einem großen Feuer zum
                      Opfer fiel, wurden die Tafeln durch die Hitze gebrannt
                      und so konserviert.  Tontafeln aus dem Palast von Qatna. Bei den Ausgrabungen
                      in Qatna im Jahr 2002 wurden insgesamt 73 Tontafeln und
                      Tontafelfragmente gefunden. Sie lagen im Gang zur Gruft,
                      in den sie beim Brand des Palastes wohl aus der Kanzlei
                      im ersten Stock gestürzt waren.
 2. Hälfte des 2. Jahrtausend vor Christus
 Nationalmuseum Homs
 © 
                      Qatna-Projekt, Institut für die Kulturen des Alten
                      Orients (IANES), Universität Tübingen; Foto:
                    Konrad Wita, Berlin
 Bald stellte sich heraus, dass es sich um Schriften aus
                      dem Herrscherpalast des Königs Idanda handelte, der
                      um 1400 vor Christus über das Reich von Qatna herrschte.
                      Die Übersetzung sorgte jedoch für ungeahnte Schwierigkeiten,
                      da sich diese Keilschrift als ein Mix aus Akkadisch und
                      Hurritisch erwies. Während sich Akkadisch relativ
                      leicht entziffern lässt, ist Hurritisch hingegen eine
                      nahezu unbekannte Sprache, von der bis zu den Funden kaum
                      mehr als der Name bekannt war. Dennoch ließ sich ein Großteil der Schriften
                      entziffern. Es handelt sich um Briefe, Verwaltungsdokumente,
                      Urkunden und Inventarlisten. So ist in einem Dokument der
                      Besitz einer Hofdame beschrieben: 200 Messer aus purem
                      Gold und Bestecke aus Lapislazuli. In einem anderen Text
                      geht es um den Befehl zur Herstellung von 18.600 Schwertern – ein
                      Arsenal, das zu damaliger Zeit nur Großmächte
                      herstellen konnten und für das die Schmieden 40 Tonnen
                      Kupfer und Zinn benötigten. Dies ist auch ein Hinweis
                      auf den großen Reichtum Qatnas. Besonders wichtig sind laut Richter die Briefe anderer
                      Herrscher an König Idanda, in denen die politischen
                      Entwicklungen im Mittelpunkt stehen. So rät ein Fürst
                      dem König, seine Stadt zu befestigen, und an anderer
                      Stelle ist vom Raub von Götterstatuen die Rede – ein
                      Zeichen dafür, dass ein Staat zerstört werden
                      sollte. Noch in diesem Jahr sollen die Übersetzungen der
                      Tontafeln veröffentlicht werden. Auf den Sammelband
                      warten Historiker, Sprachwissenschaftler und Archäologen
                      bereits mit Spannung, zumal es bislang kaum schriftliche
                      Dokumente des Alten Syrien aus der Zeit um 1400 vor Christus
                      gab.                     |