|  Ein
              Schlossturm voller Hofsängerinnen oder „Tulpenmädchen“?
 Der Markgraf war nicht nur ein Freund exotischer Blumen, sondern
                vor allem auch der Frauen. Bis zu 60 Hofsängerinnen beschäftigte
                Karl Wilhelm im Schloss. Als Vorbild dieses weiblichen Ensembles
                mögen venezianische Ospedali gedient haben – Waisenhäuser
                mit musikalischer Ausbildung für Mädchen. Mit vielen
                Damen seines Ensembles pflegte Karl Wilhelm Affären, aus
                denen etwa 20 kleine Carls und Carlinas hervorgingen.Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist auch die Bezeichnung „Tulpenmädchen“ für
                die Hofsängerinnen geläufig. Dies geht auf die Behauptung
                zurück, dass die Damen auch für Karl Wilhelms Tulpen
                oder die umfassenden Tulpenaquarelle zuständig waren. Doch
                diese Annahme ist schlichtweg falsch. Anscheinend wurde Karl
                Wilhelms Leidenschaft für schöne Pflanzen einfach auf
                fleischliche Gelüste übertragen.
 Karl Wilhelm – ein (Städte-)Träumer?
 Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts findet sich die Legende,
                der Markgraf sei nach anstrengender Jagd im Wald eingeschlafen
                und habe im Traum die Gründung seiner neuen Residenz ersonnen.
                Die Entstehung der Legende geht auf eine Eintragung vom 24. April
                1721 im Hoftagebuch Karl Wilhelms zurück: „Da er [der
                Markgraf] sich nun verirrt hatte[,] tröstette er sich unter
                dießen bircken baum weil es darzu so schrecklich ungestüm
                regnete und schneijte wolte er so lange bleibn biß daß es
                tag würde. Er wäre aber verfroren wan wire nicht die
                jäger junges und weidtgeseln welche ihn dann unter dißn
                baum gefundn.“ –Spätere Geschichtsschreiber
                griffen die Geschichte von 1721 immer wieder auf und verknüpften
                diese mit der bereits sechs Jahre zuvor stattgefundenen Stadtgründung.
                (Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe, FA, 2. Pers, Mappe 15,
                Eigentum Haus Baden) Karl Wilhelms Flucht vor der eigenen Ehefrau?
 Das überlieferte Bild der Beziehung zwischen Karl Wilhelm
                und Magdalene Wilhelmine ist stark von späteren Geschichtsschreibern
                des 19. Jahrhunderts geprägt: Magdalene habe Karl Wilhelms
                Leidenschaften für Musik, Theater und Pflanzen nicht geteilt
                und ihn mit ihrer Bigotterie, ihrer Frömmigkeit, Zänkerei
                und mangelnden Schönheit aus der alten Residenz Durlach
                vertrieben. Tatsächlich verhielt sich Karl Wilhelm distanziert:
                So ermahnte ihn sein Vater zwei Jahre nach der Hochzeit, er solle
                seiner Gemahlin „mit aller Vernunft und wie es dero vor
                Gottes Angesicht abgestattete Pflicht erfordert, beywohnen, selbige
                ehren und lieben und in keinerley Weise beleidigen“. Eine Verbindung, die sich auf verzehrende Leidenschaft und unkontrollierte
                Begierde gründete, galt im Barock für einen Fürsten
                als unangemessen. Die Gefühle sollten von den Entscheidungen
                des Herrschers getrennt werden. Karl Wilhelm führte eine
                typische barocke Ehe, die primär die dynastische Absicherung
                zum Ziel hatte. Liebesheiraten waren hierbei eine Seltenheit.
 (Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe, FA 2 Pers. Mappe 19a).
 
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