|  Die Goldene Bulle von 1356 war das wichtigste der „Grundgesetze“ des
                Heiligen Römischen Reiches und regelte die Modalitäten
                der Wahl und der Krönung der römisch-deutschen Könige
              durch die Kurfürsten bis zum Ende des Alten Reiches 1806.
 Gemäß der mittelalterlichen Privilegientradition
                wurde dieses Gesetz als Urkunde für die sieben Kurfürsten
                ausgestellt. Der Name ging von dem großen Goldsiegel (Goldblech,
                mit Wachs gefüllt), mit dem die Ausfertigungen besiegelt
                wurden, auf die ganze Urkunde über. Nannte Kaiser Karl IV.
                sie noch „unser keiserliches rechtbuch“, setzte sich
                unter König Ruprecht von der Pfalz (1400 – 1410) der
                Name „Goldene Bulle“ durch. Die Urkunde wurde in
                sieben Exemplaren, für jeden der Kurfürsten eine, ausgefertigt,
                später erhielten die Reichsstädte Nürnberg und
                Frankfurt ebenfalls jeweils eine Ausfertigung. Die ersten 23 Kapitel (Nürnberger Gesetzbuch) wurden in
                Nürnberg erarbeitet und am 10. Januar 1356 auf dem Nürnberger
                Hoftag verkündet, die Kapitel 24 bis 31 (Metzer Gesetzbuch)
                am 25. Dezember 1356 in Metz. Formal ist die Urkunde ein kaiserlicher
                Rechts-Erlass („de imperialis potestas plenitudine“ – aus
                der Fülle kaiserlicher Macht), ihr voraus gingen aber eingehende
                Beratungen mit den Fürsten. Die beiden Gesetzbücher sind in folgende Kapitel aufgegliedert: Das Nürnberger Gesetzbuch:1.	Zusammensetzung des Geleits der Kurfürsten
 2.	Die Wahl des römischen Königs
 3.	Rang und Sitzordnung der drei Erzbischöfe von Mainz,
                Trier und Köln
 4.	Rang und Sitzordnung der übrigen Kurfürsten
 5. Von den Rechten des Pfalzgrafen bei Rhein und des Herzogs
                von Sachsen bei Vakanz des Reichs
 6.	Vom Rang der Kurfürsten im Vergleich zu den gemeinen
                Fürsten
 7.	Von der Nachfolge in den Kurfürstentümern
 8.	Von den Freiheiten des Königs von Böhmen und seiner
                Leute
 9.	Von Silber, Gold und anderen Bodenschätzen in Böhmen
 10.	Vom Münzrecht des Königs von Böhmen
 11.	Von den Freiheiten der Kurfürsten
 12.	Vom Versammlungsrecht der Kurfürsten
 13.	Von der Widerrufung der Freiheiten
 14.	Von denen, die ihre Lehengüter unberechtigt aufgeben
 15. Über Verschwörer
 16.	Von den Pfahlbürgern
 17. Über die Absage (Fehde)
 18. Über die Wahlausschreiben
 19.	Mandat der Kurfürsten für zur Königswahl bevollmächtigte
                Gesandte
 20.	Von den Gemeinsamkeiten der Kurfürsten und ihren Rechten
 21.	Von der Ordnung des Aufzugs der Erzbischöfe
 22.	Von der Ordnung des Aufzugs der weltlichen Kurfürsten
                und vom Tragen der Reichsinsignien
 23.	Von den Segenshandlungen der Erzbischöfe in Anwesenheit
                des Kaisers
  Metzer Gesetze:24.	(Majestätsrecht der Kurfürsten)
 25.	(Erbfolge im Kurfürstentum)
 26.	(Ankunft der Kurfürsten bei Hoftagen)
 27. Über die Ämter der Kurfürsten bei feierlichen
                Hoftagen
 28.	(Tischordnung für Kaiser, Kaiserin und Kurfürsten)
 29.	(Wahl- und Krönungsorte des deutschen Königs)
 30. Über den Empfang der Lehen der Kurfürsten
 31. (Unterrichtung in der lateinischen, italienischen und slawischen
                Sprache)
 Die Urkunde wurde in lateinischer Sprache verfasst, deutsche Übersetzungen
                erschienen bereits im 15. Jahrhundert, waren aber bis zum Ende
                des Alten Reiches nur Behelfsmittel zum Verständnis.  Die Goldene
                Bulle bestätigt im Wesentlichen bereits bestehendes
                Recht und verkündet es als kaiserliches Gesetz. Für
                die Kurpfalz und ihren damals regierenden Pfalzgrafen Ruprecht
                I. bedeutet das zunächst die Sicherung der alleinigen Kurwürde
                und den Ausschluss aller bayerischen Ansprüche.
 Die weiteren Bestimmungen sind: 
                Festlegung der Reihenfolge der Kurstimmen mit Trier, Köln,
                  Böhmen, Pfalz, Sachsen, Brandenburg und Mainz. Die Mainzer
                  Stimme war die letzte, weil dem Mainzer Erzbischof die Abfrage
                  der Stimmen oblag – erst danach gab er selbst seine Stimme
                  ab.Dem Kurfürst von der Pfalz steht das Reichsvikariat am
                  Rhein, in Schwaben und inden Ländern fränkischen
                  Rechts zu.Die Gerichtsbarkeit des Kurfürsten von der Pfalz über
                  den König wird genau festgelegt.Die Erbfolge in den Kurfüstentümern wird nach dem
                  Erstgeburtsrecht festgelegt, Fragen der der Ersatz-Erbfolge
                  und der Vormundschaft werden geregeltDie Mündigkeit zur Kur wird auf 18 Jahre festgesetzt.Die Kurfürsten erhalten das „Privilegium de non appellando“ und
                  damit Befreiung der Kurfürstentümer von der kaiserlichen
                  Appellationsgerichtsbarkeit.Das Krönungszeremoniells des Königs und Kaisers und
                  die Ausübung der Erzämter werden verbindlich beschrieben.
                  Danach ist der pfälzische Kurfürst Erztruchsess und
                  reicht dem neugewählten Kaiser vier silberne Schüsseln
                  (jede im Gewicht von 3 Mark Silber) mit Speisen. In der Reihenfolge der Kurstimmen stand die Pfalz zwar hinter
                Böhmen (dem dieser Rang wegen seiner königlichen Würde
                zustand), da die böhmische Stimme aber oft ausfiel, war die Pfalz
              faktisch der erste der weltlichen Wähler. Bilder: Präsentation des Stuttgarter Exemplars der Goldenen
                  Bulle (oben)Der Pfalzgraf
              bei Rhein aus dem Mainzer Kurfürstenzyklus (unten). Epoxidharz-Abguss
 Beide Abbildungen aus dem Zusammenhang der  Ausstellung "Mittelalter
              - Schloss Heidelberg und die Pfalzgrafschaft bei Rhein bis zur
              Reformationszeit" im
                  Heidelberger Schloss (2000)
 
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