|  Betrachtet man die kartografische Wiedergabe der 1894 aktiv
                am Projekt beteiligten Gemeinden in Baden, so erkennt man Zentren
                hoher Mitarbeit im Hoch- und Südschwarzwald, im Breisgau,
                in Mittel- und Nordbaden sowie im Nordschwarzwald. Auffallend
                wenige Belegorte finden sich im südbadischen Markgräflerland
                und im Amtsbezirk Donaueschingen, ebenso in den nordbadischen
                Bezirken Mannheim, Schwetzingen und Weinheim. Vermutlich hat
                der persönliche Einsatz der direkt als Vermittler eingesetzten
                Kreisschulräte die Quantität des Rücklaufs maßgeblich
                bestimmt. Alle größeren Städte des Landes sind
                nicht beteiligt oder nur über ihre damals schon eingemeindeten,
                noch ländlich geprägten Teilorte vertreten.  Die Dominanz des ländlichen Erhebungsraums ist unmittelbare
                Folge der Fragebogenzielsetzung, die hier Wurzeln und Bestimmung
                der deutschen Volkskultur zu entdecken glaubte. Je nach individueller
                Kenntnis oder Begeisterung des Schulmeisters oder Pfarrherrn
                entstanden kurze, manchmal inhaltsarme oder umfangreiche, teils
                mit Skizzen versehene 100- und mehrseitige Darstellungen lokaler
                badischer Kulturgeschichte, die sich auf ca. 18.000 handschriftlich
                niedergelegten Folioblättern niederschlugen. Da „Lehrer
                und andere arme Schlucker" - so äußert sich ein
                zeitgenössischer Fragebogenbearbeiter - meist auf sehr billigem
                (Säurehaltigem) Papier ihre Antworten festhielten, zeigen
                sich die originalen Quellen von 1894 heute in einem akut vom
                Zerfall bedrohten, ungesicherten Zustand.  Für die Ausstellung „Badisches Volksleben im 19.
                Jahrhundert" wurden aus dem sehr umfangreichen Quellenbestand
                von 1894 drei Themen aus der Alltagskultur ausgewählt, die
                sich gut für eine museale Umsetzung anbieten: Hausbau, Kleidung
                und Ernährung. Am Beispiel neu gefertigter kartografischer Übersichten
                kann jede(r) Besucher(in) feststellen, welche badischen Gemeinden
                an diesem historischen Feldprojekt teilgenommen und zu den ausgewählten
                Fragekomplexen Stellung genommen haben. Zusätzlich zeichnen
                die themenspezifischen Gesamtdarstellungen interessante Strukturen
                zum alltäglichen Leben in der zweiten Hälfte des 19.
                Jahrhunderts.  Eine Vielzahl weiterer Ergebnisse der Fragebogenerhebung wartet
                auf ihre Bearbeitung - für ortsmonografische Arbeiten, museale
                Dokumentationen, regional- und landeskundlichen Diskurs. Vielleicht
                vermag die Ausstellung dieser bedeutsamen badischen Quellensammlung
                wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zu sichern.
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