| Bei der landeskundlichen Aufnahme von Badens unterschiedlichen
                Regionen kamen neben den naturräumlichen Begebenheiten (Landschaftsform,
                Geologie, Klima etc.) den kulturellen Gestaltungsmerkmalen ihrer
                Bewohner (Bodenbearbeitung, Wirtschafts-, Siedlungs- und Bauweise)
                besondere Bedeutung zu. Geografen, Historiker, Volkskundler Sprachwissenschaftler
                und Baumeister begegneten sich auf diesem Feld früher interdisziplinärer
                Forschung, in dem es vor allem für die historisch orientierten
                Fächer um die Entdeckung alter verschütteter Quellen
                und Befunde ging, die schließlich gemeinsame deutsche Wurzeln
                freilegen und vermitteln sollten. Neben den vielgestaltigen dörflichen Siedlungsbildern
                  wurden insbesondere die landschaftstypischen Hausformen zu
                  Trägern stammesgeschichtlicher Traditionen formuliert:
                  Die alemannischen Vorfahren in Baden bevorzugten das sogenannte
                  Einhaus mit allen Wohn-, Arbeits-, Speicher- und Stallräumen
                  unter einem großen schützenden Dach, die fränkischen
                  Mitbewohner errichteten hingegen jeweils eigene Gebäude
                  für die unterschiedlich genutzten Wohn- und Lebensbereiche
                  (Mehrbaugehöfte). Tatsächlich lassen sich eine Reihe
                  ausdifferenzierter Haus- und Gehöftsentwicklungen aufzeigen
                  (s. Karte Gehöftformen in Baden), die jedoch meist lokalen
                  situationsbedingten Verhältnissen Rechnung tragen und
                  weniger dem dunklen Ahnenerbe verpflichtet sind.  Die
                  heutige historische Hausforschung klassifiziert ländliche
                  Bauwerke entsprechend ihres technikgeschichtlichen Entwicklungsstands.
                  Der Befund des Fragebogenmaterials zeichnet ein breites, nahezu
                  geschlossenes Band von Einhäusern vom südlichen Hochrhein über
                  Hotzenwald, Süd- und Hochschwarzwald, mittlerer und nördlicher
                  Schwarzwald bis vor die Tore von Karlsruhe. Mehrbaugehöfte
                  ziehen sich deutlich entlang des Oberrheins vom Breisgau bis
                  in den Kraichgau und ins Gebiet des östlich gelegenen
                  Enztals. Im Odenwald war der Haustyp des ungeregelten Haufengehöfts
                  vorherrschend, allerdings weisen die Fragebogenangaben wenige
                  Belege auf. Es hatte sich aus dem ein- oder zweigeschossigen
                  Wohnstallhaus (Einhaus) entwickelt.
 Bild: Verbreitungskarte "Hausbau und -anlage - Zahl
                    der Stockwerke" Die Einhäuser des Schwarzwalds konnten ein- oder zweigeschossig
                  sein. Man untereilt sie heute in regionale Varianten: Kinzigtäler
                  Haus (ein- oder zweigeschossig), Gutachtäler Haus (ein-
                  oder zweigeschossig), Schwarzwälder Höhenhaus im
                  Raum Furtwangen-Schönwald (zweigeschossig), Elztälerhaus
                  (zweigeschossig), Dreisamtälerhaus (teilweise zweigeschossig),
                  Münstertäler Haus, Wiesentäler Haus, Albtäler
                  Haus (Firstständertyp) und Hotzenhaus (Firstständertyp).
                  Im Nordschwarzwald waren eigentlich klassische Einhäuser
                  um zusätzliche landwirtschaftliche Nebengebäude (Heuhütten)
                  erweitert. Diese Variante hatten im 17. und 18. Jahrhundert
                  eingewanderte Tiroler Holzfäller aus ihrer Heimat mitgebracht.  Im
                  Oberrheintal mit seinen oft geschlossenen Haufen- und Straßendörfern
                  standen überwiegend die Mehrbauhoftypen - Hakenhof, Dreiseithof,
                  Streckhof und Haufengehöft, aber auch Einhäuser in
                  ein- oder zweistöckigen Ausführungen. Mangelnde Holzbaumaterialien
                  (Holzknappheit im Schwarzwald durch Bergbau und Export) führten
                  hier zur vorherrschenden Fachwerk- oder Stein bauweise. Besonders ansprechende Beispiele fanden sich in den sogen.
        Kniestockhäusern (eineinhalb Stockwerke) mit ihren reizenden Schopf-
        und Wetterdächlein.
 Bild rechts: "Jungbauernhof" in Gutach. Bildarchiv
                    Badische Heimat 11098 (nicht in der Ausstellung). Die Frage nach dem bevorzugten Material zur Bedachung der
                  Häuser beschäftigte Bewohner und Obrigkeit schon
                  lange. Stroh in dichten Bündeln (Schauben) auf der Dachfläche
                  zusammengefügt und aus besonders geeigneten langhalmigen
                  Getreidesorten (z.B. Winterroggen, aus der Reutbergwirtschaft
                  gewonnen), war schon seit dem 18. Jahrhundert als bedrohlicher
                  Brandfaktor ins Visier der landesherrlichen Administration
                  geraten. Ein Blick über die Dachlandschaften Badens im
                  Jahr 1894 zeigt in der Tat nur noch wenige Strohdächer
                  im Südschwarzwald, Dächer mit Holzschindeln sind ähnlich
                  selten notiert. Die Frage nach der Art der Bedachung ländlicher
                  Bauten hat offensichtlich viele Auskunftspersonen nicht sonderlich
                  bewegt. Ihren Blick über die Dächer des eigenen Dorfes
                  haben jedenfalls auffallend wenige Gewährsleute gerichtet.  |