| RAUM 1 1. DAS RÖMISCHE REICH IM 3. JAHRHUNDERT – EINE
                      WELTMACHT GERÄT INS WANKENWestrom und Ostrom – Die Völkerwanderungszeit – Rom
                    und die Barbaren – Nordafrika
 Nach der Krise der römischen Welt im 3. Jahrhundert
                      n. Chr., wie sie durch den verlustreichen Parther-Feldzug
                      des Kaisers Valentinian und die Räumung des Limes
                      vor den anrückenden Alamannen deutlich wurde, befanden
                      sich Europas Völker Ende des 4., Anfang des 5. Jh.
                      im Auf- und die spätantike Welt im Umbruch. Das sowohl
                      durch äußere Bedrohung als auch durch innere,
                      politische wie wirtschaftliche Krisen geschwächte
                      Imperium versuchte, durch eine Teilung des Reiches in zwei
                      große Befehlsbereiche wieder Tritt zu fassen, erreichte
                      dadurch jedoch gerade das Gegenteil: Die beiden nach dem
                      Tod Theodosius d. Gr. (379-395) von dessen Söhnen
                      regierten Hälften entwickelten sich nicht parallel,
                      sondern entfernten sich immer weiter voneinander. Während das Ostreich sein kulturelles und wirtschaftliches
                      Niveau halten konnte, wurde das Westreich durch die Invasionen
                      barbarischer Stämme zunehmend geschwächt. Die
                      Exponate veranschaulichen, wie sich der Westen in den Wirren
                      der Völkerwanderungszeit auflöste und Territorien
                      wie Gallien und Spanien den Neuankömmlingen überlassen
                      werden mussten. Diese – ehemals von Rom als Barbaren
                      titulierten – Einwanderer stellten zwar ihrerseits
                      einen großen Teil der spätrömischen Armee,
                      konnten aber in dieser Funktion den Eindringlingen keinen
                      ernsthaften Widerstand entgegensetzen. Waffen und Ausrüstungsgegenstände
                      führen dem Besucher in der Ausstellung die militärischen
                      Konflikte vor Augen. 2. GESCHICHTE DER VANDALEN Vandalische Frühzeit – Auf Wanderschaft – Ankunft
                    in Nordafrika –Staat und Königtum
  Als die Vandalen die Bühne der Weltgeschichte betraten,
                      war von dieser Entwicklung noch keine Rede. Neben der Präsentation
                      der spätrömischen Kultur informiert ein zweiter
                      Erzählstrang über ihre Herkunft. Die Forschung
                      vermutet, dass eine frühe Phase ihrer Kultur in der
                      nach einem Brandgräberfeld benannten Przeworsk- Kultur
                      in Südostpolen (3. Jh. v. Chr. - Anfang 5. Jh. n.
                      Chr.) zu finden ist. Den zu dieser Zeit bereits gepflegten
                      Kontakt mit der keltischen und römischen Welt bezeugen
                      Grabfunde wie Schwerter, Fibeln, italische Bronzegefäße
                    und Keramik. In römischen Quellen werden die Vandalen erstmals
                      um 70-80 n. Chr. in der Naturgeschichte des Plinius d. Ä.
                      als „Vandili“, „die Gewandten, Beweglichen“ genannt – offenbar
                      ein Übername eines der üblichen germanischen
                      Gefolgschaftsverbände. Über eine ethnische Kontinuität
                      dieser „Vandili“ zu den Vandalen-Stämmen,
                      die um die Wende zum 5. Jh. die römische Grenze im
                      mittleren Donauraum überschritten, gibt es keine Belege.
                      Diese – genauer die Stämme der Hasdingen und
                      Siligen – setzten 406 mit Alanen und Sueben wohl
                      bei Mainz über den Rhein, zogen raubend und plündernd
                      durch Gallien und überquerten 409 die Pyrenäen – übrigens
                      gerade ein Jahr, bevor der Wisigotenkönig Alarich
                      die Stadt Rom plünderte. In der römischen Diözese
                      Hispania allerdings gelang den Vandalen keine Ansiedlung,
                      so dass Geiserich (ca. 425-477), der neue König der
                      Vandalen, 429 ein unerhörtes Unterfangen wagte – die Überfahrt
                      der von ihm angeführten Stammesverbände über
                      die Meerenge von Gibraltar nach Afrika. Die moderne Forschung
                      stuft die Aussagen des Geschichtsschreibers Prokop oder
                      des Kirchenhistorikers Victor von Vita, es habe sich um
                      50 000 oder 80 000 Menschen gehandelt, als wahrscheinlich
                      ein. Archäologisches Material – wie das in der Ausstellung
                      gezeigte Kriegergrab von Beja in Portugal –, das
                      auf eine germanische Präsenz schließen lassen
                      könnte, ist äußerst rar. Die Überfahrt der Vandalen von Südspanien nach
                      Nordafrika, die auf an der Küste gekaperten Schiffen
                      quasi im „Pendelverkehr“ bewerkstelligt wurde,
                      wird in der Ausstellung durch eine Inszenierung dargestellt.
                      Erklärungen für die Ursachen und Wirkungen der
                      Völkerwanderung geben interaktive Medieninstallationen. RAUM 2                        3. DAS REICH DER VANDALEN Die Vandalen als mediterrane Großmacht – Die
                    römischen Kaiser und das Vandalenreich
  Von der Küste gegenüber dem heutigen Gibraltar
                      aus zogen die Vandalen durch die Provinz Africa Proconsularis
                      nach Osten, wo die „Kornkammer“ des Reiches
                      um Karthago im heutigen Tunesien reiches Land versprach.
                      Nach einigen militärischen Erfolgen gestand die Reichsregierung
                      435 den Eroberern in einem Vertrag Gebiete in Mauretanien
                      und Numidien zu. Nach der Einnahme Karthagos fiel den Vandalen
                      die dort stationierte römische Flotte in die Hände,
                      was ihre Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer und den
                      Rang als einzige germanische Seemacht der Spätantike
                      begründete. Die Vandalen waren jetzt selbständige
                      Könige, nicht mehr nur Föderaten innerhalb des
                    Reiches. Vom Königtum der Vandalen in Nordafrika zeugen neben
                      numismatischen Hinweisen – die Könige prägten
                      ab Gunthamund (484-496) Münzen mit namentlicher Kennzeichnung – auch
                      epigraphische Spuren: Auf Inschriften erscheinen die Königsnamen
                      von Geiserich, Thrasamund (496-523) und Gunthamund. Von
                      großer historischer Bedeutung sind die beiden einzigen
                      existierenden Bauinschriften aus dem vandalischen Königshaus:
                      die des Königs Thrasamund aus der Basilika von Henchir
                      el-Gousset und die des Prinzen Gebamund, die den Bau von
                      Thermen mit einem Gedicht rühmt. Ein Glanzstück
                      stellt auch das einzige Objekt dar, das möglicherweise
                      in Zusammenhang mit dem persönlichen Eigentum eines
                      Vandalenkönigs gebracht werden kann, die silberne
                      Largitionsschale (von lat. largitio = Freigebigkeit) des
                      letzten Herrschers Gelimer (530-533). 4. ALLTAGSLEBEN IN STADT UND LANDGesellschaft – Villenkultur und Leben der Oberschicht – Wirtschaft
  Neuere Forschungen zum Vandalenreich belegen, dass die
                      Germanen nicht als Zerstörer der römischen Kultur
                      kamen, sondern sich innerhalb der römischen Welt einrichteten,
                      die römische Kultur übernahmen und so in kultureller
                      Hinsicht Anspruch auf das Prädikat „Erben Roms“ erheben
                      können. Das Königreich der Vandalen knüpfte
                      bruchlos an die Organisationsformen der einstigen Weltmacht
                      an, römische Kultur und Lebensart hatten ihre Wertschätzung
                    behalten. Basis des Wohlstandes der vandalenzeitlichen Gesellschaft
                      war eine leistungsfähige Landwirtschaft, die regelmäßig
                      Getreide- und Öllieferungen in die Mittelmeerländer
                      exportierte. Durch die Vorherrschaft zur See konnten die
                      Vandalen den gesamten Getreidehandel im weströmischen
                      Reich kontrollieren. Ein intensiver Fernhandel wurde auch
                      mit keramischen Erzeugnissen betrieben, die man eigens
                      für den italischen Markt herstellte. Dieses Leben veranschaulicht die Inszenierung der Villa
                      von Sidi Ghrib (südlich von Tunis), für die eine
                      vandalenzeitliche Phase bezeugt ist. Die Umgebung bietet
                      Raum für weitere Exponate, die einstmals in das Ambiente
                      spätantiker Villenkultur in Karthago oder Umgebung
                      gehört haben mögen: Das berühmte Mosaik
                      des so genannten vandalischen Reiters aus Karthago oder
                      einige Gefäße aus dem Hortfund von Karthago
                      mit spätrömischem Silbergeschirr führen
                      Reichtum und Kultiviertheit der romanisierten Oberschicht
                    vor Augen. 5. RELIGION UND BESTATTUNGSWESEN Frühes Christentum – Basiliken und Baptisterien – Grabmosaiken
                    und Grabbeigaben
  Die Vandalen folgten in ihrer Mehrzahl der arianischen
                      bzw. homöischen Lehre des Christentum, die auf zwei ökumenischen
                      Konzilien – unter anderem in Nikaia 432 – als
                      Häresie gebrandmarkt worden war. Der Unterschied zur
                      katholischen (athanasianiaschen) Lehre bestand in der Auffassung
                      des Wesens Jesu, das nicht, wie bei den Katholiken, als
                      gottgleich (homo-úsios), sondern nur als gottähnlich
                      (homoi-úsios) verstanden wurde. Wie im Langobarden-
                      und in den Gotenreichen bestand eine tiefe Differenz zwischen
                      den arianischen Einwanderern und der katholischen romanischen
                      Oberschicht im Land. Die intolerante Haltung gegenüber
                      der provinzialen katholischen Bevölkerung zerriss
                      das Land. Als König Hunerich 484 (477-484) per Edikt
                      den Übertritt aller Katholiken zum arianischen Bekenntnis
                      verfügte, waren Zwangs- und Verfolgungsmaßnahmen
                      wie die Zerstörung und Schließung von Kirchen
                      oder die Verbannung katholischer Kleriker an der Tagesordnung.
                      Erst 523 wurde unter König Hilderich der Katholizismus
                    wieder zugelassen. Modelle von drei frühchristlichen Basiliken, der
                      Basilika von Henchir el-Gousset mit vandalenzeitlicher
                      Kapelle, der monumentalsten Basilika Nordafrikas, Damous-el-Karita
                      in Karthago sowie der Begräbnisbasilika von Demna
                      in Nordtunesien veranschaulichen die Entwicklung und Kontinuität
                      des Kirchenbaus in spätrömischer, vandalischer
                      und byzantinischer Zeit. Sie werden in der Ausstellung
                      von Ausstattungsstücken aus verschiedenen Basiliken
                      begleitet, wie figürlich verzierten Tonfliesen oder
                      Mosaiken. Die Inszenierung einer originalgetreuen Kopie
                      des mosaizierten Taufbeckens von Demna visualisiert die
                      sakral-architektonischen Merkmale eines spätantik-nordafrikanischen
                      Baptisteriums. 6. DER UNTERGANG DES VANDALENREICHS Byzanz – Die arabische Eroberung
 Das letzte Kapitel dokumentiert die Eroberung des Vandalenreichs
                      533 durch die oströmischen Truppen des Kaisers Justinian
                      I. (527-565) und seines Feldherrn Belisar. Viele Vandalen
                      wurden deportiert oder in die feindlichen Streitkräfte
                      integriert, ihre Frauen durch Verheiratung zwangsassimiliert.
                      Der letzte Vandalenkönig wurde nach Byzanz gebracht,
                      musste sich dort dem Kaiser unterwerfen, beschloss sein
                      Leben allerdings als „Staatspensionär“ auf
                    einem kaiserlichen Landgut.
 Einige byzantinische Fundstücke geben Auskunft, dass
                      Nordafrika ein Jahrhundert unter der Herrschaft von Byzanz
                      stand. Hochrangige Zeugnisse der islamischen Zeit verweisen
                      auf die ab 670 einsetzende Eroberung durch die Araber und
                      die sich anschließende Einrichtung der Provinz Ifriqiya
                      unter der Dynastie der Aghlabiden, die ein neues Zeitalter
                      für das Land einläutete. Die Nachbildung des
                      Ribat-Tores von Sousse markiert das Ende des Rundgangs
                      durch die Ausstellung. Angaben zur Ausstellung: Susanne Erbelding M.A., Kuratorin
                    der Großen Landesausstellung 2009  www.vandalen2009.de 
 
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