|  Drei von vier Stadtteilen in Trümmern, zahlreiche und schwerwiegende
                Schäden im Stadtzentrum... Dies ist die traurige Bilanz der Belagerung
                und der französischen Niederlage von 1870. Der Wiederaufbau wird
                zwar innerhalb von fünf Jahren bewältigt, aber die Erweiterung
                der Stadt, die seit dem XVIII. Jahrhundert immer wieder gefordert
                und immer wieder verschoben wurde, steht mehr als jemals zuvor
                auf der Tagesordnung der Geschäftswelt. Sie fordert eine leistungsfähige
                Infrastruktur mit Bahnhof, Hafen und einem leistungsfähigen Verkehrssystem,
                während die politischen Mächte eine glorreiche Vorzeige-Hauptstadt
                für das "Reichsland Blsass-Lothringen", die dem Kaiserreich und
                dem deutschen Volk zum Ruhm gereichen sollte, errichten wollen.
 Palais du Rhin (Kaiserpalast) an der Place de la Republique So wurde im April 1880 der Gesamtentwicklungsplan für die neue
                Stadt, d.h. 386 Hektar zusätzlich zu den 230 bestehenden Hektar
                des alten Stadtkerns verabschiedet. Urheber des Entwurfs ist
                J.-G. Conrath, seit 1849 Stadtarchitekt. Er plant zunächst einmal
                unmittelbar nördlich der Altstadt einen prunkvollen Bezirk mit öffentlichen
                Gebäuden (Kaiserpalast, Ministerien, Sitz der Regionalversammlung,
                Bibliothek und Universität). Dieser Komplex wird gegen 1900 fertiggestellt.
                Die Bauarbeiten in dem anderen Bezirk mit Wohnvierteln aus Ein-
                und Mehrfamilienhäusern schreiten langsamer voran und währen
              bis nach 1920.  Hierbei handelt es sich um eine städtebaulich sehr interessante
                architektonische Einheit, die nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs
                in anderen Städten praktisch keine Entsprechung mehr findet,
                Sie besteht aus Plätzen, langen luftigen und von Bäumen gesäumten
                Prachtstraßen und mehreren Orten, an denen ein fließender Übergang
                vom Monumentalen zum markant "Landschaftlichen" zu bewundern
                ist (zum Beispiel das Ill-Ufer mit der St. Pauls-Kirche). Die öffentlichen
                Gebäude und die Privathäuser spiegeln die Vorliebe für die historistischen
                Stile der italienischen und deutschen Neo-Renaissance, des Neobarock
                und anderer, aus der einige erstaunliche Jugendstilbauten wie
            das "Maison Egyptienne" (Ägyptisches Haus) hervorstechen, wider. |