| oder: Die zweite Frau ist eine Nichte des Ehemanns der Tochter Nein, das ist für Normalsterbliche nicht zu verstehen.
                Auch nicht, wenn man es umgekehrt formuliert, dass also der Mann
              der Tochter aus erster Ehe der Onkel der zweiten Frau ist.  Es geht hier um das Netzwerk, das der lutherische Kurfürst
                Ludwig VI. (1539-83) aufbaut. Seine Tochter Anna Maria (* 1561)
                heiratete 1579 den schwedischen Herzog Karl von Södermanland.
                So weit, so gut. Der Kurfürst will damit, ebenso wie der
                5. Sohn des (damals bereits verstorbenen) Schwedenkönigs
                Gustav I. Wasa, das lutherische Lager stärken – dieser
                in Schweden gegen die katholischen Ambitionen seines Bruders
                Sigismund, jener in Deutschland, vermutlich gegen die reformierten
                Ambitionen, die auch sein Bruder Johann Casimir teilt.
 Bild: Karl IX. von Schweden (Nationalmuseum Stockholm, Wikimedia
                Commons). Karl IX. trägt übrigens die gleichen unförmigen
                Beinkleider wie Friedrich IV. Um dieses Netzwerk zu stärken, heiratet Ludwig VI: nach
                dem Tod seiner ersten Frau Elisabeth von Hessen (+ 1582) im Jahr
                darauf noch einmal – offenbar in der Hoffnung auf ein langes
                Leben. Die zweite Ehe mit Anna von Ostfriesland (1562 – 1621)
                dauert indessen nur wenige Monate, der Kurfürst stirbt mit
                44 Jahren 1583. Wer nun ist diese Anna von Ostfriesland? Anna von Ostfriesland, bei der Eheschließung 21 Jahre
                alt, ist die Tochter des Herzogs Edzard und der schwedischen
                Königstochter Katharina Wasa, der Tochter besagten Königs
                Gustav I. Wasa. Damit ist sie die Nichte von dessen (fünftem)
                Sohn Karl, des Schwiegersohns Ludwigs VI. Aus der zweiten Ehe Karls von Södermanland, der ab 1607
                unangefochten König von Schwden war, mit Christine von Holstein-Gottorp
                geht Gustav II. Adolf hervor, der zwar nicht unmittelbar mit
                Kurpfalz verwandt, aber doch Bestandteil dieses Netzwerks war. Das Netzwerk um Anna von Ostfriesland indessen setzt sich fort,
                indem die junge Witwe bereits 1585 den ehemals unter der Vormundschaft
                des Kurfürsten Ludwig VI. stehenden Markgrafen Ernst Friedrich
                von Baden heiratet. Dieser holt sich 1588 den Straßburger
                Baumeister Johannes Schoch in die Markgrafschaft und lässt
                sich an der Stelle des Klosters Gottesaue von diesem ein Jagdschloss
                bauen. 1599 tritt der Markgraf zum reformierten Bekenntnis über. Über Anna Maria, des Kurfürsten Ludwig VI. Tochter,
                und ihrer Tochter Katharina, die den Pfalzgrafen Johann Kasimir
                von Kleeburg heiratet, kommt schließlich das schwedische
                Königtum mit Karl X., Karl XI. und Karl XII. in das Haus
                Pfalz-Zweibrücken – das einzige Königtum der
                Wittelsbacher vor 1806, das sich über mehrere Generationen
                vererbt. Karl X. von Schweden hat damit einerseits Ludwig VI.
                von der Pfalz, andererseits Gustav I. Wasa als Urgroßväter. Ach
                  ja, wir haben noch ein kleines Problem. Im Wikipedia-Artikel über Anna Maria steht, sie sei kalvinistisch
                gewesen. Als Tochter eines streng lutherischen Kurfürsten
                ist das kaum vorstellbar.Aber in dem Artikel steht auch, es gebe kein Porträt von
                ihr. Ein Besuch in der Ausstellung lehrt hier ein Besseres.
 Und das ganze gibts zum Nachvollziehen auf einer Stammtafel
                auf Landeskunde online 
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