| Imperium der Götter. Isis – Mithras – Christus:
              Kulte und Religionen im Römischen ReichErstmalig präsentiert das Badische Landesmuseum Karlsruhe
              eine große archäologische Sonderausstellung über
              die „orientalischen“ Kulte und Religionen im antiken
              Rom und setzt damit seine Reihe von Ausstellungen zur Kultur des
              Imperium Romanum fort. Ab dem 16. November schildert „Imperium
              der Götter“ im Karlsruher Schloss umfassend das religiöse
              Leben im Römischen Weltreich.  „
                Alles wird durch den Willen der Götter regiert, gelenkt,
                gesteuert",
                so einst der Politiker und Redner Cicero. Tatsächlich bestimmten
                die Götter das Leben der Menschen im Imperium Romanum vom
                1. bis 4. Jahrhundert in fast allen Lebensbereichen. Neben den
                bestehenden Gottheiten, Kulten und Traditionen eroberten sich
                zunehmend „neue" oder „fremde" Götter
                ihren Platz im Pantheon Roms. Mysterienkulte wie auch die sog.
                orientalischen Kulte zogen in die römische Glaubenswelt
                ein. Besondere Popularität erfuhren die ägyptische
                Isis, der persische Mithras, die kleinasiatische Göttermutter
                Mater Magna sowie der syrische Jupiter Dolichenus. Schließlich
                setzten sich die sog. orientalischen Religionen im Imperium durch,
                wie das Juden- oder auch das Christentum, das bis heute die Grundlage
              der abendländischen Kultur und Identität bildet.  Die große archäologische Schau im Karlsruher Schloss
                ermöglicht nun einen einzigartigen und umfassenden Blick auf
                die unerschöpfliche Vielfalt religiösen Glaubens und
                Handelns im Römischen Weltreich der Kaiserzeit. Die Ausstellung
                wagt einen Kulturvergleich, lässt verstehen, wie religiöse
                Mischformen und Eigenkreationen im „Imperium der Götter" entstanden
                und wie unterschiedliche Auffassungen und Riten koexistieren
              konnten.  Die prestigeträchtigsten Museen – wie die Kapitolinischen
                Museen oder der Vatikan – sind in dieser wissenschaftlich
                zukunftsweisenden Ausstellung mit ihren Leihgaben vertreten.
                Götterbildnisse,
                Kult- und Weihereliefs mit göttlichen bzw. mythologischen
                Szenen sowie Inventare aus Heiligtümern, wie z.B. Opfer-
                und Votivgaben, Kultgeschirr und liturgische Geräte, legen
                Zeugnis ab vom faszinierenden Pluralismus im Imperium. Neueste
                Forschungsansätze
                und Ergebnisse aktueller Ausgrabungen eröffnen neue Perspektiven
                auf die Glaubenswelt der Römer. Besonders anschaulich werden
                die Kultpraktiken und Heiligtümer durch originalgetreue
                Modelle römischer Tempelanlagen. Ein Highlight ist die begehbare
                1:1-Rekonstruktionen einer sonst für die Öffentlichkeit
                nicht zugänglichen Grabkammer der römischen Katakombe
              der „Heiligen Marcellinus und Petrus“ in Rom.  Von den klassischen Gottheiten und göttlichen Schutzmächten
                des Imperium Romanum ausgehend, führt die Ausstellung auch
                in die geheimen Mysterienkulte ein. Einer davon war dem Weingott
                Bacchus gewidmet. Der Geheimkult, zu dem nur Eingeweihte zugelassen
                waren, wurde trotz des „toleranten“ Nebeneinanders
                der zahlreichen Götter im 2. Jahrhundert vor Christus noch
                als Bedrohung für den Römischen Staat aufgefasst. Das
                berühmte sog. Bacchanalien-Dekret des römischen Senats,
                das die Ausübung des Bacchus-Kultes dramatisch einschränkte,
              ist nun in Karlsruhe zu sehen.  Auch der Kult des als Sonnengott verehrten Mithras, der aus dem
                Osten ins Römische Reich eindrang, zählte zu den Mysterienkulten.
                Das Badische Landesmuseum ist bereits im Besitz zweier der hochwertigsten
                und größten Mithrasreliefs überhaupt: Das aus
                Osterburken und Heidelberg-Neuenheim. Mit den beiden Leihgaben
                aus Nidda-Heddernheim und Dieburg befinden sich nun zum ersten – und
                wohl auch zum letzten Mal – die vier bedeutendsten Mithrasreliefs
                unter einem Dach. Der atmosphärische Nachbau des Mithras-Heiligtums
                aus Santa Maria Capua Vetere in Italien vermittelt den Besuchern
                mit seinen geheimnisvollen Wandmalereien die Faszination eines
                antiken Geheimkultes. Detaillierteren Aufschluss über die
                mithräischen Rituale und Zeremonien geben die Fundkomplexe
                aus den baden-württembergischen Mithräen von Riegel
              und Güglingen.  Den Kult der Isis und Mater Magna/Kybele illustrieren Modelle
                und Ausstattungen von Heiligtümern in Pompeji und Ostia
                mit Ihren z.T. lebensgroßen Skulpturen. Ein Sensationsfund
                aus dem Doppeltempel der Göttinnen in Mainz – kleine
                Fluchtäfelchen mit Bann- und Zaubersprüchen – erzählt
                von Hass und Eifersucht und schildert die allzu menschliche Seite
              römischen Götterglaubens.  Die monotheistischen Religionen des Juden- und Christentums lösten
                nach und nach die paganen, „heidnischen“ Glaubensvorstellungen
                ab. Insbesondere der Vormarsch des Christentums wird durch herausragende
                Kunstwerke nachgezeichnet – darunter die sog. polychromen
                Fragmente mit Christusdarstellungen aus dem Archäologischen
                Nationalmuseum Rom. Spektakulär ist vor allem das Sgrafitto
                mit der ältesten bislang bekannten Kreuzigungsszene, wohl
                aus dem 2. Jahrhundert n. Christus. Auf dem Wandputzfragment
                mit satirischem Gehalt vom Palatin in Rom ist der Gekreuzigte
                mit einem Eselskopf versehen und zeugt damit von der skeptischen
              Einschätzung der damals noch wenig bekannten Religion.  Die Ausstellung schließt ab mit der Frage, was von Isis,
                Mithras & Co heute noch bleibt: „Ich finde die Ausstellung
                trägt ein hohes Maß an Aktualität, wenn man sich
                bewusst macht, dass in jenen Jahrhunderten in Rom ein großer
                Pluralismus der unterschiedlichsten Religionsbekenntnisse und
            Kulte existierte. Also ein Lehrstück über Toleranz und
            Intoleranz schon vor knapp 2.000 Jahren, das mich sehr an die heutigen
            Auseinandersetzungen zwischen und innerhalb der unterschiedlichen
            Religionen denken lässt. Denn wie damals jeder ‚nach seiner
            Fasson selig werden‘ konnte, wenn er nur auch dem vergöttlichten
            Kaiser und den römischen Staatsgöttern huldigte – was
            die Christen nicht taten und dafür verfolgt wurden –,
            ist heute als Verpflichtung für alle anstelle des Kaisers das
            Grundgesetz getreten“, so Prof. Dr. Harald Siebenmorgen, Direktor
            des Badischen Landesmuseums.  Gleichzeitig weist das Imperium Romanum
              faszinierende Parallelen zu unserer jetzigen globalisierten Welt
              auf. Es vereinte viele Völker und Kulturen in einem einheitlichen
              Wirtschaftsraum mit einer gemeinsamen Währung, gewährte
              gleiche Rechte für alle und vollzog eine einheitliche Außen-
              und Sicherheitspolitik. Fremde Einflüsse wurden in die eigene
              Kultur integriert („Inkulturation“) und die kulturellen
              Wechselwirkungen dabei als Motor für fruchtbare Entwicklungen
              begriffen. Insofern trägt die Ausstellung dazu bei, das römische
              Weltreich als gelungenes Modell für die kulturelle Integration
              in Europa und dem Mittelmeerraum zu begreifen und die heutige Verflechtung
            der Kulturen als positiven Prozess wahrzunehmen. |