| Römerzeit und Frühmittelalter
 um
            80260/270   Spuren, die vor die Zeit der flavischen Besitznahme des Oberrheingebiets
            zurückreichen, fehlen. Ein römischer Tempelbezirk auf
            dem hinteren, vielleicht auch auf dem vorderen Gipfel mit der
            Verehrung der Götter Jupiter und Merkur setzt wohl, ohne
            dass sich dies zweifelsfrei belegen ließe, den vorrömischen
            Kult auf dem Berg fort. Vor allem den hinteren Gipfel krönte
            eine Vielfalt unterschiedlicher Tempel- und Kapellenbauten aus
            Stein samt einer Jupiter-Gigantensäule und heizbaren Nebengebäuden
            zur Versorgung der Pilger. In diese Zeit gehört auch der
            9,50 m lange Rechteckbau, an den in einer zweiten Bauphase eine
            fast 3 m tiefe Apsis angebaut wurde und der dem MERCVRIVS CIMBRIANVS
            geweiht war.   Material aus der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, das
            an die Zeit des Limesfalls 260 n. Chr. oder sogar darüber
            hinaus deuten könnte, fehlt auf dem Heiligenberg.   300500   In den dunklen" Jahrhunderten der Völkerwanderungszeit
            wird der verlassene Berg nur vereinzelt aufgesucht, etwa um die
            römerzeitlichen Bauten auszurauben. Der von Ammianus Marcellinus
            berichtete Versuch des Kaisers Valentinian, auf dem Mons
            Piri" eine Festung zu errichten (369 n. Chr.), dürfte eher
            bei Wiesloch als auf dem Heiligenberg anzusiedeln sein.   um 600   In der fränkisch bestimmten Reihengräberzeit entsteht
            auf der hinteren Kuppe wieder eine dauerhafte Ansiedlung, genauer
            bekannt ist allerdings nur der Begräbnisplatz, mit dem die
            Ruine des Merkurtempels als Begräbnisstelle weitergeführt
            wird. Aufwendige Plattengräber kennzeichnen wohl einen gewissen
            sozialen Anspruch. Wohl in dieser Zeit tritt Michael als Begleiter
            der Seelen an die Stelle des antiken Merkur, ohne dass man daraus
            eine zusammenhängend überlieferte Kult-Kontinuität
            herleiten dürfte.   um 700 882   In karolingischer Zeit wird der frühere Merkurtempel zum
            Mittelpunkt eines Königshofes, den Teile des instandgesetzten
            und erneuerten keltischen Ringwalls schützen; der alte Tempel
            wird als zentraler Begräbnisplatz weitergeführt. Zeugnis
            des sozialen Anspruchs der Besitzer ist ein Gebäude mit
            einer anspruchsvoller Wandmalerei, einem perspektivischen Mäanderfries
            wohl aus der Lorscher Schule. In dieser Zeit werden wohl auch
            die alten keltischen Tore als mörtelgemauerte Kammertore
            erneuert. Die bisher vor allem westlich des Begräbnisplatzes
            angesiedelte Bebauung verschiebt sich bis zur Bauphase I C nach
            Osten und wird durch einen freistehenden Bau von über 6x6
            m ergänzt.   Phase II überbaut in spätkarolingischer Zeit die
            antiken Reste mit einem Kirchenbau, dessen Breite sich nach dem
            Tempel richtet. Bestattungen finden auch wieder am Westhang des
            Gipfels statt. Ein Fingerring slawischen Stils könnte auf
            Slawen in und am Odenwald deuten, Marzolff sieht hier auch Verbindungen
            zum Vitus-Patrozinium in Handschuhsheim und Schriesheim.   Phase III B erst errichtet dann eine wirklich dreischiffige
            Kirche, nachdem III A bereits die beiden seitlichen Apsiskapellen
            vorgegeben hatte, Phase III D schließlich errichtet auf
            starken Fundamenten einen Vierungsturm und baut das Langhaus
            mit so starken Fundamenten neu, dass man an eine Tonnenwölbung
            denken möchte.   Alle Phasen behalten den Umriss des antiken Tempels mit seinen
            Bestattungen als Reliquienschacht und einem erhöhten Podium
            bei, stützen sich derart auf ein wohl lang zurückreichendes
            und sichtlich hoch eingestuftes, aber doch anonymes Totengedächtnis" (P.
            Marzolff).   Für die Chronologie gibt es zwei Ansätze:   Phase II könnte der in den Urkunden genannte Bau des Lorscher
            Abts Thiotroch sein. Die Mäandermalerei in Bau I A wäre
            dann im ausgehenden 8. Jahrhundert von Lorsch beeinflusst, während
            zwei Zerstörungen mit Ungarn-Einfällen gleichgesetzt
            werden könnten.   Ein anderer Ansatz weist erst Bau III A Abt Thiotroch zu, setzt
            also insgesamt ca. 45 Jahre früher an.   882 jedenfalls geht der Aberinsberg, so der eigentliche Name,
            aus königlicher Hand in den Besitz der Abtei Lorsch über,
            wo er bis zum Übergang des Klosters an das Erzbistum Mainz
            1232 bleibt.  nach Renate Ludwig / Peter Marzolff: Der
        Heiligenberg bei Heidelberg   |