| Statue einer Königin, Schwarzer Granit, 3. Jh. v. Chr. Dieser weibliche Körper von erstaunlich plastischer Qualität 
                      ist aus einem harten, dunklen Stein gearbeitet. Insgesamt 
                      dürfte das Bildnis etwas mehr als lebensgroß gewesen sein. 
                      Die Statue stellt nicht die Göttin Isis dar. Das Detail, 
                      auf das sich diese Identifizierung stützt, ist der Knoten, 
                      der die Enden des von der Frau getragenen Schals zusammenhält. 
                      Dieser Knoten findet sich übrigens bei zahlreichen Statuen 
                      von lagidischen Herrschern und ist, wie hier, über der linken 
                      Brust oder auch zwischen den Brüsten platziert. Weil diese 
                      Schwester-Gattinnen, Mütter des Thronfolgers, mit Isis identifiziert 
                      wurden, der Schwester und Gattin des Königs Osiris und der 
                      Mutter des Horus, bezeichneten die Gelehrten diesen Knoten 
                      auch als "Isisknoten". 
                      Deshalb handelt es sich bei dieser Statue mit Sicherheit 
                      um eine ptolemäische Königin. Die Wiedergabe des Stoffes 
                      erinnert an hellenistische Darstellungen der "schaumgeboren" 
                      Aphrodite: Auf der Vorderseite enthüllen die Falten die 
                      dargestellte Person mehr, als dass sie sie verbergen, während 
                      hinten eine schwere Stoffmasse wie ein nasses Tuch herabfällt, 
                      dessen Saum schräg auf das linke Bein fällt. 
                      Bekanntlich wurde Aphrodite, die griechische Göttin der 
                      Liebe und der Fruchtbarkeit, vor Palaipaphos, dem alten 
                      Paphos im Süden Zyperns, aus dem Meer geboren. Man denkt 
                      dabei sofort an die Königin, die als irdische Inkarnation 
                      der Aphrodite galt: Arsinoë II. Philadelphos, die ihren 
                      Bruder liebte und deren Schicksal zu Lebzeiten und nach 
                      ihrem Tod besonders abenteuerlich war. 
                     Ptolemaios II. (283-246 v.Chr.), ihr Gatte, hat nicht nur 
                      viel für die Literatur, die Künste und die Wissenschaften 
                      getan, sondern es gelang ihm auch, mit Waffengewalt die 
                      Gebiete zu halten, die sein Vater außerhalb Ägyptens erobert 
                      hatte, etwa Zypern und die syrische Küste, ja sogar in Griechenland 
                      einzumarschieren. Auf ihn gehen die Anlage des Kriegshafens 
                      von Alexandria und die Errichtung des Leuchtturms zurück. 
                      Arsinoë, die kriegs- und reiselustig war, kümmerte sich 
                      aktiv um die Marine und die Seerouten. In Alexandria selbst, 
                      am Großen Hafen, stand in der Nähe des Arsenals ein gewaltiger, 
                      ihr gewidmeter Obelisk. Für ihr ‚Arsinoëion' war die Installation 
                      einer Eisenstatue vorgesehen, die kraft eines Magneten in 
                      der Luft schweben sollte. Das Bemerkenswerteste aber war, 
                      dass Königin Arsinoë II. als Herrscherin der Meere eine 
                      besondere Form der Apotheose zuteil wurde. Sie war die personifizierte 
                      Aphrodite. Denn die große zypriotische Göttin, die für die 
                      Fruchtbarkeit der Felder, der Gärten und der Menschen zuständig 
                      war, übernahm als Herrscherin des Meeres auch die Rolle 
                      der Beschützerin der Seeleute. 
                     Sicher ist, dass die Skulptur aufgrund ihrer Qualität für 
                      einen sehr wichtigen Tempel bestimmt war und möglicherweise 
                      auf ausdrücklichen Wunsch Ptolemaios' Philadelphos geschaffen 
                      wurde, der wahrscheinlich einen ägyptischen Meister eingeladen 
                      hat, ein ausdrucksstarkes Bildnis der Schwester Aphrodite-Arsinoë 
                      zu schaffen. Später wurde diese Plastik dann als Modell 
                      für die verschiedenen Kultstatuen verwendet. 
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