| Vom 16. Oktober 2010 bis zum 31. Januar 2011 zeigt das
                      Elsässische Museum in der Galerie Heitz des Rohan-Schlosses
                      die Ausstellung „Welten aus Papier. Die Weißenburger
                      Bilderbogen“. Zu sehen sind zahlreiche kolorierte
                      Bilderbogen aus der von Jean Frédéric Wentzel
                      gegründeten Weißenburger Druckerei. Zwischen
                      1839 und 1939 gelangten die Bilder aus der kleinen Stadt
                    im Nordelsass mit der Eisenbahn nach ganz Europa. Die Ausstellung veranschaulicht Umfang und Vielfalt der
                      Weißenburger Produktion. Allein 1869 wurden zwei
                      Millionen Bilderbogen gedruckt, mehr als in Frankreichs
                      bekannter Druckerei im lothringischen Epinal. Nach dem
                      Deutsch- Französischen Krieg von 1870/71 ging das
                      Unternehmen verstärkt auf den deutschen Markt, wo
                      besonders die lebensgroßen Figuren gefragt waren.
                      Im Zweiten Weltkrieg stellte es die Produktion ein. Nach der Erfindung der Chromolithografie durch den Österreicher
                      Aloys Senefelder verbreitete sich das neue Druckverfahren
                      sehr schnell. Die farbigen Bilderbogen konnten nun zu geringen
                      Kosten in den europäischen Druckereizentren vervielfältigt
                      werden, so dass die Produktion im 19. Jahrhundert schlagartig
                      anstieg. In den Städten wurden sie von Buchhändlern
                      vertrieben, auf dem Land gelangten sie durch Kolporteure
                      bis ins kleinste Dorf. 1835 erhielt der Weißenburger Jean-Frédéric
                      Wentzel das Patent für den Druck von Lithografien.
                      Er gründete daraufhin eine Druckerei, die ein Jahrhundert
                      lang Bilderbogen in großen Auflagen herstellte und
                      sie von Warschau bis Dublin nach ganz Europa exportierte.
                      In Wentzels Todesjahr 1869 druckte das elsässische
                      Unternehmen zwei Millionen Bilderbogen auf 18 Lithopressen. Die rund 200 Bilderbogen umfassende Ausstellung will vor
                      allem die große Vielfalt der Weißenburger Produktion
                      veranschaulichen. Zwar war die Religion das vorherrschende
                      Thema, doch J.F. Wentzel und sein Sohn druckten auch viele
                      dekorative Bogen, Familienszenen und zeitgeschichtliche
                      Themen. Am gefragtesten waren allerdings die Bilder für
                      Kinder. Diese neuen Kunden (und ihre Eltern) versuchte
                      man mit allem, was sich auf Papier drucken ließ,
                      zu gewinnen: Hampelmänner, Spiele, Märchen, Papiertheater,
                      optisches Spielzeug, kleine Soldaten u. v. m. In der Serie „Der
                      kleine Baumeister“ konnten die Kinder Bauwerke und
                      Kulissen (Bahnhof, fahrender Zug) ausschneiden und zu dreidimensionalen
                      Spielen ausbasteln. Nach der Angliederung des Elsass an
                      das Deutsche Reich im Jahr 1871 wurde Weißenburg
                      vom französischen Markt abgeschnitten, und die Produktion
                      des Verlages ging zurück, obwohl die Pariser Niederlassung
                      noch zehn Jahre lang Bilder nach Frankreich versandte.
                      Ab 1880 wurden lebensgroße Papierfiguren gedruckt,
                      die an die deutsche Tradition anknüpften und zur Dekoration
                      von Lokalen, Vereinsräumen und Kirmesfeiern dienten.
                      Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs stellte die Druckerei
                      die Produktion ein. Die farbenfrohen Bilderbogen aus Weißenburg vermitteln
                      eine Vorstellung vom Leben der Europäer zwischen 1839
                      und 1939 und bringen den Besuchern der Schau die Glaubensvorstellungen,
                      Werte und Interessen der Menschen in diesen 100 Jahren
                      auf sehr anschauliche Art und Weise nahe.
 |