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 Das von dem bayerischen König Ludwig II. 1869 begonnene
                      Schloss steht an der Stelle zweier mittelalterlicher Burgen,
                      Vorder- und Hinterhohenschwangau, von denen seinerzeit
                      nur noch Ruinen vorhanden waren. Der Name Schwanstein
                      kommt von der  Burg über dem Ort an der Stelle
                      des heutigen Schlosses Hohenschwangau, die  in
                      der ersten
                      Hälfte des 19. Jahrhunderts beim Neubau von Hohenschwangau
                    abgebrochen wurde. Zum Bau einer romantisierenden Burg „im echten Styl
                      der deutschen Ritterburgen“ – so Ludwig II.
                      im Mai 1869 in einem Brief an Richard Wagner – wurde
                      der König nicht nur durch die schon älteren Pläne
                      seine Vaters, sondern vor allem durch den Besuch der Wartburg
                      im Jahre 1867 zusammen mit seinem Bruder Otto. Sie lieferte
                      besonders für das Ritterbad und den Sängersaal
                      die Vorbilder für die Entwürfe. Andere Vorbilder
                      sind in der maurischen Architektur Spaniens und der Sagenwelt
                      der Opern Richard Wagners zu suchen; hier lieferten Eduard
                      Riedel und Christian Jank die Entwürfe.  Schloss Neuschwanstein, von Schloss Hohenschwangau aus
                        gesehen
 Neuschwanstein ist das letzte Schloss, das Ludwig II.
                      vor seiner Entmündigung 1886 noch selbst in Auftrag
                      gab. Bei seinem Tod im Juni 1886 war hier erst ein Drittel
                      der Räume fertiggestellt. Der König bewohnte
                      bei seinen Aufenthalten das Torhaus, von dem aus er die
                      Bauarbeiten verfolgen konnte.  Obwohl Neuschwanstein als ein ganz privates Refugium geplant
                      war, das der König nicht der Öffentlichkeit geöffnet
                      wissen wollte, wurde es bereits sechs Wochen nach seinem
                      Tod für Besucher geöffnet. Für den Besichtigungsverlauf
                      war es notwendig, einige Arbeiten noch fortzuführen,
                      wie z.B. den Mosaikfußboden im Thronsaal. Neuschwanstein ist heute ein Touristenmagnet, der in der
                      Hochsaison bis zu 10.000 Besucher am Tag zählt. Durch
                      seinen Charakter als Höhepunkt des romantischen Historismus
                      und Eklektizismus wird es als „Märchenschloss“ vermarktet. Der Grundstein für den Schlossbau wurde am am 5.
                      September 1869 gelegt. In den Jahren 1869 bis 1873 wurde
                      der Torbau fertiggestellt und vollständig eingerichtet.
                      Die Bauleitung lag bis 1874 bei Eduard Riedl, dem dann
                      Georg von Dollmann folgte. Der 1880 im Rohbau fertiggestellte
                      Palas konnte 1884 bezogen werden. Der König bezog
                      im zweiten Obergeschoss eine komfortable Wohnung, die Bauleitung
                      war im ersten Stock untergebracht. Ludwig II. nahm immer
                      wieder persönlichen Einfluss auf die Pläne, was
                      dazu führte, dass statt eines bescheideneren Arbeitszimmers
                      der große Thronsaal eingebaut wurde und die ursprünglich
                      geplanten Gästezimmer einem – allerdings nicht
                      verwirklichten – „Maurischen Saal“ weichen
                      mussten. Nach dem Tode König Ludwigs II. wurden der Viereckturm
                      und das Ritterhaus vereinfacht fertiggestellt und die Kemenate
                      errichtet, zu der nur das Fundament gelegt war. Das Kernstück
                      der Anlage, der Bergfried mit der Burgkapelle, wie ihn
                      Christian Jank in seinem Entwurf von 1871 darstellte, blieb
                      unausgeführt, ebenso wie der Burggarten mit Terrassen
                      und Springbrunnen unterhalb des Thronsaals.  Schloss Neuschwanstein von Süden aus gesehen. Im Hintergrund
                        der Forggensee.
© Wikimedia Commons/Softeis
 Das Schloss enthält eine große Zahl bedeutsamer
                      Innenräume im Stil der Neoromanik. Zu den wichtigsten
                      zählt hierbei der von Julius Hofmann nach dem Vorbild
                      der Allerheiligen-Hofkirche in der Münchner Residenz
                      entworfene, über zwei Stockwerke reichende Thronsaal
                      mit den Wandmalereien Wilhelm Hauschilds. Sein Fußbodenmosaik
                      zeigt Tier- un d Pflanzendarstellungen. Die Apsis an einer
                      der Schmalseiten sollte den Thron des Königs aufnehmen.  Der Sängersaal, nach dem Vorbild des Festsaals in
                      der Wartburg geschaffen, enthält Wandmalereien mit
                      Themen aus der Lohengrin- und Parzivalsage. Der Schwan
                      als Wappentier der alten Herren von Schwangau gab dabei
                      auch das Motiv für die Illustrationen um den „Schwanenritter“ Lohengrin.
                      Für die Wohnbedürfnisse des Königs wurden
                      kleinere und intimere Räume angelegt. Den Durchgang
                      zwischen Wohn- und Arbeitszimmer bildet eine sogenannte
                      Grotte mit einem künstlichen Wasserfall und farbiger
                      Beleuchtung. Ein Speiseaufzug bediente das Esszimmer von
                      der drei Stockwerke tiefer gelegenen Küche. Währen diese Räume im neoromanischen Stil gehalten
                      sind, sind das Schlafzimmer des Königs sowie die Kapelle
                      im neogotischen Stil gehalten. Obwohl das Schloss in Idee und Gestalt an das deutsche
                      Mittelalter anknüpft, ist es in Bau und Ausstattung
                      ein technisches Denkmal der Fortschrittlichkeit seiner
                      Zeit. So sind die Fundamente aus Beton gegossen und die
                      Gebäude in konventioneller Backsteinbauweise errichtet
                      und mit weißem Kalkstein verkleidet. Der (nachträglich
                      in den Plan aufgenommene) Thronsaal ist eine ummantelte
                      Eisenkonstruktion. Für den Transport der Baumaterialien
                      wurde ein Dampfkran aufgestellt, ein weiterer Kran versorgte
                      die Baustelle selbst. Das Schloss verfügte über eine ausgeklügelte
                      Heißluft- (Calorifère-)Heizung und eine batteriebetriebene
                      Klingelanlage für die Dienerschaft. Der Rumfordherd
                      in der Küche setzte den Bratspieß, geregelt
                      durch die eigene Hitze, durch seine Eigenwärme in
                      Bewegung. Auch die eigene Warmwasserbereitung und die Toiletten
                      mit automatischer Spülung entsprachen dem aktuellsten
                      Stand der Technik.   Schloss Neuschwanstein von Osten. © Wikimedia Commons/Memorino
 
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