| 150. Todestag der Herzogin Henriette von Württemberg Biographie der Herzogin (1780-1857) 
                      
                     
  Herzogin 
                      Henriette gründete und unterstützte zahlreiche karitative 
                      und soziale Einrichtungen, in Kirchheim und seiner Umgebung. 
                      Bis heute beeindruckt ihre Wohltätigkeit, ihre Bescheidenheit, 
                      Toleranz und ihre Zuwendung an ihre Mitmenschen. Die Erinnerung 
                      an sie ist nicht nur in ihren Stiftungen lebendig.
 Sie stammt aus zwei der prominentesten Adelsfamilien Mitteleuropas: 
                      Am 22. April 1780 wird sie als Tochter des Fürsten Karl 
                      Christian von Nassau-Weilburg (1735-1788) in Kirchheim-Bolanden 
                      (Pfalz) geboren. Über ihre Mutter, Prinzessin Karoline von 
                      Oranien (1743-1787), ist sie mit dem Welfenhaus verwandt 
                      und eine Urenkelin König Georgs II. von England. Trotz 
                      aller hochadeliger Abstammung: Ihr Lebensweg zeigt wenig 
                      Kontinuität und viel Düsteres. Bereits als Kind, in den 
                      Jahren 1787 und 1788, verliert sie kurz nacheinander beide 
                      Eltern; ihr älterer Bruder Friedrich Wilhelm (1768-1816) 
                      übernimmt ihre Erziehung. Dann bestimmen die Auswirkungen 
                      der Französischen Revolution die Lebensumstände. Unter anderem 
                      weicht die Familie im September 1792 in einer überstürzten 
                      Flucht vor den Truppen des revolutionären Frankreichs nach 
                      Osten aus. Nach verschiedenen Ortswechseln findet die Familie1796 
                      in Bayreuth Zuflucht. 
                     Hier lernt Henriette ihren Mann, Ludwig von Württemberg 
                      (1756-1817), einen Bruder des späteren ersten württembergischen 
                      Königs, kennen. Bereits im darauffolgenden Jahr findet die 
                      Hochzeit der beiden statt. Ludwig ist zunächst Offizier 
                      in preußischen Diensten und ab 1800 General im russischen 
                      Dienst. Sein Karriereweg bringt wechselnde Aufenthaltsorte 
                      mit sich; Henriette begleitet ihren Mann. Dementsprechend 
                      bringt Henriette ihre fünf Kinder an fünf verschiedenen 
                      Orten zur Welt. Als 1806, im Kriegszug Napoleons gegen Russland, 
                      Württemberg als Satellit Frankreichs Truppen stellen muss, 
                      sieht sich Ludwig gezwungen, Russland zu verlassen, um nicht 
                      gegen die Truppen seines Bruders zu kämpfen. Die finanzielle 
                      Situation der Familie ist äußerst angespannt. 1810 sind 
                      die Schulden sogar so angewachsen, dass Ludwig inhaftiert 
                      wird. Sein Bruder König Friedrich löst ihn aus der Schuldhaft 
                      aus; zugleich wird ihm und seiner Familie im Jahr 1811 das 
                      Schloss in Kirchheim unter Teck als Wohnort zugewiesen. 
                      Das Schloss war gerade mit dem Tod der Franziska von Hohenheim 
                      frei geworden. Für den leichtlebigen Herzog Ludwig ist dies 
                      ein Gefängnis: der von aller Mondänität abgeschnittene Wohnort 
                      Kirchheim, verbunden mit einer starken Kontrolle durch den 
                      strengen Bruder. Immerhin stabilisieren sich die finanziellen 
                      Verhältnisse der Familie etwas. Ludwig allerdings leidet 
                      unter der Situation; schließlich stirbt er im September 
                      1817.
                     Nach dem Tod ihres Mannes gewinnt das Bild Henriettes die 
                      bis heute bekannten Konturen. In ihrer 40-jährigen Witwenschaft 
                      engagiert sie sich in ihrer neuen Heimatstadt zunehmend 
                      sozial und karitativ. Zwischen 1820 und 1856 initiiert oder 
                      begleitet sie in Kirchheim die Gründung verschiedener Schulen: 
                      1821 die "Industrieschule", 1838 eine "Kleinkinderschule, 
                      1852 das Frauenstift, 1856 die Töchterschule - und Pflegeeinrichtungen: 
                      1826 die Paulinenpflege, 1840 das Wilhelmshospital. Diese 
                      Aktivitäten wurzeln zum einen in der ausgeprägten Frömmigkeit 
                      Henriettes und zum anderen in einem fürstlichen Verantwortungsgefühl. 
                      Allgemein sind im 19. Jahrhundert, beginnend mit der württembergischen 
                      Königin Katharina, die Fürstinnen in immer stärker werdendem 
                      Maße um das Wohl und die Bildung ihrer Untertanen besorgt. 
                      Vielfach widmet Henriette sich bei ihren Gründungen nicht 
                      nur den ideellen Zielen, sondern beschäftigt sich ebenso 
                      mit den praktischen Problemen. Sie schenkt neben Bau und 
                      Ausstattung der Einrichtungen auch der Frage nach den Unterhaltskosten 
                      Aufmerksamkeit. 
                     Besonders großes Interesse bringt Henriette dem Diakonissengedanken 
                      entgegen. Sie steht im regen Briefwechsel mit Friederike 
                      Fliedner, der Vorsteherin der 1836 gegründeten Diakonissenanstalt 
                      Kaiserswerth (bei Düsseldorf) und Leitfigur der Schwesternschaft. 
                      Mit auf diesen Kontakt ist die Gründung des Kirchheimer 
                      Wilhelmshospitals zurückzuführen, eines der ersten modernen 
                      Krankenhäuser in Württemberg: Schnell entwickelt sich hier 
                      eine oft besichtigte Musteranstalt. 
                     Daneben ist Henriette der Mittelpunkt ihrer Familie. Sie 
                      betreibt für ihre Kinder eine äußerst kluge Heiratspolitik, 
                      die ihr den Beinamen "Großmutter Europas" (oder auch, immer 
                      wieder, "Urgroßmutter") einbrachte. Sie verheiratet ihre 
                      Kinder in die altadeligen Häuser der Wettiner, Badener, 
                      Habsburger, weiter in die Häuser Wittelsbach und Welfen 
                      und schließlich in das englische Königshaus.
                     Herzogin Henriette von Württemberg stirbt am 2. Januar 
                      1857. Ihr Tod löst insbesondere unter der Kirchheimer Bevölkerung 
                      Trauer und Bestürzung aus, da ihnen die verstorbene Wohltäterin 
                      eine "segenbringende Mutter" war. Mit ihrem Tod endet die 
                      reiche und vielfältige karitative Tätigkeit Henriettes für 
                      die Bewohner Kirchheims und Umgebung. Eine besondere Überraschung 
                      ist für die Hinterbliebenen die Testamentseröffnung: Sie 
                      hinterlässt ihrer Enkelin Marie, Königin von Hannover, 6.000 
                      Taler, den Grundstock für die 1860 gegründete Henriettenstiftung, 
                      die bis heute in Hannover besteht. Und auch in Kirchheim 
                      unter Teck besteht die Erinnerung an das wohltätige Wirken 
                      der Fürstin bis heute.
                      
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