|    Die Ausstellung zeigt Wandel und Kontinuität familialer 
                      Lebensformen auf. Im Zentrum steht die sozial- und kulturgeschichtliche 
                      Entwicklung der bürgerlichen Familie in der Schweiz seit 
                      1750. Zu diesem Zweck werden mehrere Familien in ihrem historischen 
                      Kontext präsentiert, wobei zu jedem Zeitabschnitt jeweils 
                      eine repräsentative Familie ins Zentrum gerückt wird. Sie 
                      alle sind den prägenden Kräften wirtschaftlicher, rechtlicher, 
                      kirchlicher, kultureller oder auch wissenschaftlicher Herkunft 
                      ausgesetzt.
 Als Auftakt werden die Besucherinnen und Besucher 
                      mit heutigen aktuellen Fragestellungen konfrontiert, die 
                      Seitens der Wissenschaft im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 
                      "Kindheit, Jugend und Generationenbeziehungen im gesellschaftlichen 
                      Wandel" (NFP 52) untersucht wurden. Der Einstieg in die 
                      Ausstellung bietet zudem Einblicke in die Zeit vor 1750: 
                      Welche Folgen hatte etwa die Christianisierung auf die Familien, 
                      welche Rolle spielten Ahnenbilder, was schrieben Ehegerichtssatzungen 
                      fest?
 Schliesslich stellt ein Statistikraum die wesentlichen 
                      Kenngrössen zur Familie seit 1750 dar (u.a. Lebenserwartung, 
                      Kindersterblichkeit, Haushaltsgrösse) und leitet über in 
                      die einzelnen Zeitabschnitte.
 Der Hausvater Im Zeitabschnitt 
                      1750-1850 steht die Familie von Johann Ulrich und Salome 
                      Bräker-Ambühl im Mittelpunkt (um 1760). Bräker war Sohn 
                      eines einfachen Bauern aus dem Toggenburg. Aufgrund seiner 
                      Tagebuchaufzeichnungen, die noch heute auf grosses Interesse 
                      stossen, ist sein Familienumfeld recht gut bekannt. Bräker 
                      lebte in einer Zeit, in der eine Heirat erst möglich war, 
                      wenn der Unterhalt des künftigen Haushalts gesichert war. 
                      Gleichzeitig stand man mit der Protoindustrialisierung, 
                      die auch das Leben der Familie Bräker prägte, damals an 
                      der Schwelle zur industriellen Revolution im 19. Jahrhundert.
 Die Hausmutter Im Zeitraum 1850-1950 wird die Familie Emile und Louise 
                      Jeanne Henriette Ramuz-Davel aus Lausanne porträtiert (um 
                      1880). Aus dieser gut situierten Kolonialwarenhändler-Familie 
                      stammt der Sohn und spätere Schriftsteller Charles Ferdinand 
                      Ramuz. In dieser Zeit verstärkte sich die Position der Mutter 
                      innerhalb des Haushalts, was u.a. mit der Trennung von Wohn- 
                      und Arbeitsplatz zusammenhängt. Die Motivation für die Schliessung 
                      einer Ehe war oft Liebe und Zuneigung. Die Familie Ramuz 
                      lebte in einer Zeit, in der Entdeckungen in der Medizin 
                      gemacht wurden, die mittelfristig die Familienstruktur ganz 
                      erheblich veränderten.
 Die Kernfamilie Als Kernfamilie 
                      zeigen wir die Familie Hans und Marie Hürlimann-Duft aus 
                      Zug. Sie repräsentiert den Zeitabschnitt 1950-1980. Der 
                      Schriftsteller Thomas Hürlimann geht aus dieser Familie 
                      hervor. In dieser Epoche war in bürgerlichen Kreisen die 
                      Sicherung des Haushalts für die Eheschliessung keine Voraussetzung 
                      mehr. Die Wirtschaft prosperierte, zudem garantierte der 
                      Sozialstaat die Abdeckung der Existenzrisiken bei der Familiengründung. 
                      Geheiratet wurde nun in jungen Jahren - als Ideal galt die 
                      klassische Drei-Kind-Familie.
 Projekt Kind Der jüngste 
                      Zeitabschnitt - ab 1980 - steht im Zeichen des "Projekts 
                      Kind". Das bürgerliche Familienideal, dessen Wurzeln in 
                      die Zeit der Aufklärung zurückreichen und das sich nach 
                      dem Zweiten Weltkrieg für kurze Zeit etablieren konnte, 
                      gerät bereits wieder ins Wanken. Welche Familienform kann 
                      man heute aufzeigen, um einen Standard zu definieren? Die 
                      Antwort wird zunehmend schwierig. Dank Kinderarbeitsverbot 
                      und staatlicher Altersvorsorge rücken die Rechte der Kinder, 
                      das sogenannte Kindeswohl, ins Zentrum. Das Recht auf Abtreibung 
                      und der Einsatz der "Pille" ermöglichen eine präzis kontrollierbare 
                      Familienplanung, so dass Kinder heute nicht mehr "Produkte 
                      des Zufalls" sein müssen. Im Zuge der Liberalisierungstendenzen 
                      in der Gesellschaft, die u.a. zu massiv erhöhten Scheidungsraten 
                      führen, werden Kinder oft zur einzigen "Raison d'être" einer 
                      Ehe.
 Im letzten Teil der Ausstellung sind die Besucherinnen 
                      und Besucher eingeladen, sich in die Ergebnisse des Nationalen 
                      Forschungsprogramms "Kindheit, Jugend und Generationenbeziehungen 
                      im gesellschaftlichen Wandel" zu vertiefen und sich mit 
                      der jüngsten Literatur zu diesem Thema vertraut zu machen. 
                      Damit werden die eingangs aufgeworfenen Fragen des Forschungsprogramms 
                      wieder aufgenommen. Schliesslich wagt die Ausstellung einen 
                      inszenierten Blick in die Zukunft. Ein möglicher Ausblick: 
                      Wird die Kinderbetreuung zur Aufgabe der Generation der 
                      Grosseltern?
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