|                       Die zweite Ausstellung
                      des Museums im Kulturhaus LA8 widmet sich einer zentralen
                      Technik und Kunst des 19. Jahrhunderts, der Fotografie,
                      und  wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Wuppertaler
                      Sammler
                      KH. W. Steckelings entwickelt. Zu sehen sind fotografische
                      Apparate wie die Kodak No. 1 (1889) als erste Amateurkamera,
                      Geheim- und Spezialkameras zur Herstellung von Stereoskopien
                      und Panoramaansichten sowie Werke berühmter Fotografen
                      und Erfinder wie Louis Jacques Mandé Daguerre, Henry
                      Fox Talbot, Roger Fenton, David Octavius Hill und Eadweard
                    Muybridge. Das Museum für Kunst und Technik hat sich zur Aufgabe
                      gemacht, das 19. Jahrhundert punktuell lebendig werden
                      zu lassen. Es geht nicht um lückenlose Vollständigkeit. Wichtig
                      ist, dass das einzelne Objekt für den heutigen Betrachter
                      lebendig wird. Unsere heutige Selbstverständlichkeit
                      im Umgang mit Fotografie begegnet dem damaligen Staunen über
                      die revolutionären, neuen Möglichkeiten, Licht
                      zu fangen. Beleuchtet wird auch die Vor- und Frühgeschichte
                      der technischen Entwicklung der Fotografie im ersten Drittel
                      des 19. Jahrhunderts. Guckkasten, Faltpanorama und Laterna
                      Magica erinnern lange vor Kino, Fernsehen und Internet
                      an einen Alltag, der gleichwohl Schaulust und Sehbegierde
                      kannte. Eine zimmergroße Camera Obscura und ein historisches
                      Fotoatelier machen damalige Technik und Faszination für
                      heutige Besucher im wörtlichen Sinn zugänglich. Das Wechselspiel aus Licht und Schatten begeisterte die
                      Menschheit seit jeher. Einer antiken Überlieferung zufolge hielt die Tochter
                      des korinthischen Töpfers Butades die Umrisslinie
                      des Schattens ihres Geliebten fest, den sie mit Hilfe einer
                      Kerze auf die Wand projiziert hatte. So entstand die wohl
                      erste „Photo-Graphie“ – eine „Licht-Zeichnung“.
                      Im frühen 19. Jahrhundert verweisen die verschiedensten
                      Experimente auf das wachsende Bedürfnis, Lichtreflexionen
                      dauerhaft zu konservieren. Auch die Lithophanie gehört zu den frühen Beispielen
                      der inszenierten Lichterscheinung – der „durchscheinende
                      Stein“ aus Porzellan gilt als Vorstufe zur Fotografie.
                      Erst das Licht, das durch die feine Gravur fällt,
                      bringt ein Motiv zum Vorschein. Im frühen 19. Jahrhundert
                      gelingt es erstmals, Lichtreflexionen dauerhaft zu konservieren – ein
                      epochaler Durchbruch. Die Ausstellung veranschaulicht die
                      vielen Arbeitsschritte, die nötig waren, um ein exaktes
                      Bild herzustellen, das nicht von Künstlerhand mittels
                      Pinsel oder Bleistift geschaffen war. Vielen Pionieren der Fotografie schien es so, als ob die
                      Fotografie die Unterscheidung von Kunst und Technik aufhebe
                      und sich nun die bis dahin stumme Natur in der exakten
                      Aufzeichnung von Lichtwirkung unmittelbar selbst abbilde.
                      Am Anfang der Geschichte der Fotografie entstanden Aufnahmen
                      aus den Fenstern in die Landschaft hinaus. Menschen, die
                      sich dort aufhielten, sind wegen der langen Belichtungszeit
                      zunächst nicht zu erkennen. Die weitere Entwicklung
                      mit kürzeren Belichtungszeiten von unter einer Minute
                      ermöglichte erst Porträtaufnahmen. Damit war
                      ein weites Feld eröffnet für Bürgerporträts
                      und die „carte-de-visite“. Auch Schmuckstücke
                      trugen Miniaturbildnisse der Liebsten in sich. Später
                      wurde es möglich, Pferde in vollem Galopp und Vögel
                      in der Luft für den Bruchteil einer Sekunde in „Momentaufnahmen“ festzuhalten
                      und deren Bewegungsabläufe zu analysieren. Durch den
                      Fotoapparat wurde sichtbar, was vorher für das bloße
                      Auge unsichtbar war. Die Kamera wurde „Sekretär“ und „Protokollant“ der
                      Wissenschaften. Ausstellung und Katalog führen die
                      revolutionären Veränderungen in Astronomie, Medizin,
                      Mikrobiologie, Kriminalistik, Völkerkunde und Alltagsleben
                      des 19. Jahrhunderts vor Augen. Ein Spaziergang durch das Baden-Baden des 19. Jahrhunderts
                      und ein Blick von den Pyramiden von Gizeh: Betreten
                      Sie die Vergangenheit! Die neuartige Stereoskopie-Projektion
                      im Untergeschoss des
                      Museums gibt
                      den Besuchern das spektakuläre
                      Gefühl, in Bildräume vergangener Zeiten hineinzugehen.
                      Die Zeitreise innerhalb historischer Stadtansichten Baden-Badens
                      und die Aufnahmen aus Ägypten basieren auf alten stereoskopischen
                      Fotografien, die mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts zu
                      neuem Leben erweckt werden. |