|  Der 1833 
                im badischen Durlach geborene Landschafts- und Architekturmaler 
                Karl Weysser kam nach Studium und Akademieaufenthalten in Karlsruhe 
                und München im Herbst 1879 nach Heidelberg. Nach Zwischenaufenthalten 
                in Baden-Baden- und Karlsruhe kehrte er im Herbst 1895 endgültig 
                nach Heidelberg zurück. Sein künstlerisches Werk umfasst über 
                3.000 Architekturzeichnungen sowie etwa 600 Ölgemälde und Studien. 
                Vor allem in seinen letzten Lebensjahren, in denen Weysser keine 
                Reisen mehr unternehmen konnte, griff er auf seinen reichen Fundus 
                älterer Zeichnungen als Vorlage für seine Gemälde zurück, so auch 
                in dem 1901 signierten und datierten Gemälde "Marstall". Wie auf 
                einem Photo hat Weysser in diesem Gemälde eine vormittägliche 
                Alltagsszene vor dem östlichen Wehrturm des Zeughauses am Neckarstaden 
                festgehalten. Dienstboten, Knechte und Mägde gehen ihren Alltagsgeschäften 
                nach. Ein mit Stroh beladenes Fuhrwerk steht zur Abfahrt bereit, 
                während ein kleiner Junge sich vorsichtig den vorgespannten Kühen 
                nähert. Auf dem Neckar herrscht reger Schiffsverkehr. Im Hintergrund 
                erkennt man die 1877 fertiggestellte Friedrichsbrücke, im Vordergrund 
                hat ein kleiner Nachen festgemacht., worin sich ein junger Mann 
                vor seinen beiden weiblichen Zuhörerrinnen als Reiseführer profiliert. 
                Sein ausgestreckter Arm weist auf das Zeughaus, den größten Gebäudekomplex 
                in der Heidelberger Altstadt aus kurfürstlicher Zeit. Weyssers 
                beschauliche Szene vor dem Marstall erweckt den Eindruck einer 
                idyllischen Kleinstadt am Fluss, geprägt von der nostalgischen 
                Sehnsucht nach der "guten alten Zeit". Von der Hektik und dem 
                Lärm einer modernen Großstadt, den umwälzenden Folgen der Technisierung 
                und der um 1900 einsetzenden Urbaniserung ist bei ihm nichts zu 
                spüren. 
              Frieder 
                Hepp
 
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