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                frühen Werk de La Hyres sitzt der griechische Heros Herkules auf 
                den Betrachter ausgerichtet der lydischen Königin Omphale gegenüber, 
                entspannt zurückgelehnt mit geöffneten Beinen und einem Spinnrocken 
                in der Linken. Der Sage nach war er als Sklave für drei Jahre 
                an ihren Hof verkauft worden, um hier zur Sühne und Läuterung 
                für seine Freveltaten, Mord und Tempelraub, Frauenarbeiten zu 
                verrichten. Zugleich von ihr gedemütigt wie erotisch fasziniert 
                musste der stärkste Mann Griechenlands Omphale dazu in einem symbolischen 
                Kleidertausch auch die Attribute seiner männlichen Kraft, Löwenfell 
                und Keule, überlassen und Frauengewänder tragen. Diesen Aspekt 
                hatte Mitte des 16. Jahrhunderts vor allem Lucas Cranach in seiner 
                künstlerischen Bearbeitung des antiken Stoffes herausgestellt. 
                La Hyre hingegen malt den muskulösen Helden nur mit einer schmalen 
                Stoffbahn bedeckt, während der geflügelte Liebesgott Amor neben 
                ihm spöttisch an seinem bereits gesponnenen Faden zupft.  Das markante 
                Ölgemälde verweist in deutlicher Sprache auf das ungewöhnliche 
                Tun des verweichlichten Göttersohnes und damit auf das zentrale 
                Bildthema aus dem Repertoire "Verkehrte Welt": die Verführbarkeit 
                und Relativität männlicher Macht und kraftvoller Überlegenheit 
                durch die Liebe aus dem seit der frühen Neuzeit beliebten vielfältigen 
                Themenkreis der sogenannten "Weibermacht" oder "Weiberlist". Er 
                speiste sich aus der antiken Mythologie, dem Alten Testament und 
                aus mittelalterlichen Legenden und stellte außer "Herkules und 
                Omphale" so bekannte Paare wie "Aristoteles und Phyllis", "Judith 
                und Holofernes" oder "Samson und Delilah" als warnende Bildbeispiele 
                einander gegenüber.  Text: 
                Annette Frese
 
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