|  Im Rahmen der Feiern zum tausendjährigen Jubiläum
                des Straßburger Münsters zeigt das Frauenwerksmuseum
                in Straßburg (Musée de l’Oeuvre Notre Dame)
                eine Ausstellung zu den Anfängen der Gotik in Straßburg
              zu Beginn des 13. Jahrhunderts.
 Das ottonische Münster, begonnen unter Bischof Werinhar
                1015, war im 12. Jahrhundert einem Großfeuer zum Opfer
                gefallen. Der Wiederaufbau begann 1176 auf den alten Fundamenten,
                der Chor des Werinhar-Baus stammt vermutlich noch aus dem 11.
                Jahrhundert. Um 1220 ist der Bau soweit gediehen, dass das nördliche
                Querschiff fertig war und am südlichen Querschiff das Portal
                eingebaut werden konnte.  1225 kam eine neue, an modernen Bauten der Ile-de-France geschulte
                Bauhütte nach Straßburg und brachte die Kunde von
                einem neuen Verständnis des Baus, den Bauens selbst und
                von einem neuen Stil mit.  Dieser neue Stil manifestierte sich im deutschsprachigen Kulturraum
                erstmals bei der Errichtung des südlichen Querschiffs des
                Münsters. Die dafür geschaffenen Statuen, insbesondere
                Ecclesia, Synagoge und Engelspfeiler, zählen zu den bekanntesten
                Werken der abendländischen Baukunst des Mittelalters. Im
                Zusammenhang mit dem Münsterbau erhielten die Straßburger
                Handwerker bedeutende Aufträge, die sie mit hoher Meisterschaft
                ausführten. Dadurch entwickelte sich die Stadt zu einem
                herausragenden Zentrum der Kunst. Die Münsterplastik weist
                Einflüsse von Chartres und Sens auf und diente ihrerseits
                bei der Gestaltung des Bamberger Doms als Vorbild; ihre Strahlkraft
                reichte bis hin zur Glasmalerei der Elisabethkirche in Marburg. Die Ausstellung versammelt Werke aus öffentlichen und privaten
                Sammlungen in Europa, die dem Schöpfer des südlichen
                Querschiffs und seiner Entourage zugeschrieben werden (), und
                stellt jüngere und ältere Forschungsergebnisse einander
                gegenüber. Von manchen Plastiken sind lediglich Abgüsse
                zu sehen, da die monumentalen Originalskulpturen, z. B. der Engelspfeiler,
                nicht bewegt werden können. Sie zeugen allesamt von diesem
                tiefgreifenden Umbruch in Bildhauerei, Glas- und Buchmalerei,
                Goldschmiedekunst usw. und veranschaulichen Einflüsse und
                Wirkung dieser bedeutenden Bauhütte. Das Ausstellungsdesign
                von Jérôme Habersetzer erzeugt durch die Neuaufteilung
                der Räume die jeweils passende Stimmung für die unterschiedlichen
                Stücke: Während Manuskripte und kleinere Statuen intim
                inszeniert werden, bilden große Räume den Rahmen für
                die Präsentation der spektakulären Monumentalskulpturen;
                ein Schwerpunkt liegt hier auf der Neupräsentation von Ecclesia
                und Synagoge. Ferner konfrontiert die Ausstellung die Skulpturen des Meisters
                mit den Werken anderer gotischer Bauhütten im damaligen
                Frankreich, insbesondere mit der Plastik des Lettners der Kathedrale
                von Chartres (normalerweise nicht ausgestellt) sowie mit verschiedenen
                Bauten im Burgund (Sens, Semur, Dijon u. a.)
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