Das Reisetagebuch meiner Großmutter |
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| 12. Juni - 3. Juli 1954 | Nach Lahr | ||
In Lahr - Einkaufen in der Stadt |
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Ich machte den ersten kleinen Spaziergang mach dem Kaufhaus und zum Schlossplatz. Verblüfft hat mich eigentlich nicht der Reichtum der Auslagen. Dazu war von allen, die je drüben waren, zu viel erzählt worden. Die Konfektions- u. Stoffläden verblüfften mich überhaupt nicht. Ich weiß nicht, ob der französische Geschmack hier einwirkt. Ich sah wenig elegante Kleider u. Stoffe. Alles auffallend! Wunderschön sind die Kühlschränke in ihrer friedensmäßigen Verarbeitung. Die Schuhläden, fast eleganteres Schuhwerk als im Frieden (Verzierungen pp.). Wäsche u. Stoffe alle Regale voll bis zur Decke. Herrliehe Möbelgeschäfte. Wir rechnen dummerweise um u. da ist alles sehr teuer, aber die verdienen ja in Westgeld u. brauchen eben nicht umzurechnen. Da kann man verstehen, wenn die Jugend von uns hier das alles sieht, dass sie vor Neid bersten! Auch Peter, ist, wie ich, sehr abgeklärt, uns hat nur leid getan, was wir hier für 4000 Mk. für einen Pfundswagen bekommen hätten. Praktiseh fährt alles neue Wagen meist auf Ratenzahlung (Bühlers nicht), Kolonialwarengeschäfte, Kaffee alle Preislagen. Schokaolade pp. desgleichen. ... Am Mittwoch nachmittag fährt mich Peter mit Christoph zum Langenhardt, sozusagen den ersten Schwarzwaldberg, der direkt an den letzten Häusern der Stadt beginnt. Eine schöne Straße führt langsam ansteigend hinauf immer durch tiefen Wald, Mischwald. Oben ist ein richtiges Schwarzwalddorf, ganz einsam. Eine schöne Sommerfrische,aber ich glaube, von den Lahrern geht niemand zu diesem Zweck herauf - die müssen ins Ausland fahren! Der Blick von oben geht weit in die Rheinebene und rückwärts über die Schwarzwaldberge. Zurückgekehrt fahren wir im Tal noch ein Stück hinaus über Kuhbach-Reichenbach. ... ... Am Sonnabend bekamen wir nun den versprochenen Krankenstuhl und Peter fuhr mit mir in den Stadtgarten, der sehr schön ist und unserem botanischen Garten ähnelt. Es ist eine Stiftung eines alten Lahrers. In der dazugehörigen großen Villa ist Heimatmuseum pp. untergebracht. Dann fuhren wir durch die Stadt Läden ansehen, was ja nun drüben fast das interessanteste ist. Wir waren allerdings in unserer Anspruchslosigkeit nicht zu verblüffen. Man rechnet eben sofort 1 mal 5. Das ist natürlich auch nicht richtig, denn, die verdienen ja drüben in West. Schmerzlich ist für uns in erster Linie, dass es drüben alles gibt von der Stecknadel u. dem Reisverschluss angefangen. Die herrlichen Kühlschränke, die hätten mich gereizt! Konfektion fanden wir geschmacklich nicht be-sonders. Ich weiss nicht, ob es der franz. Einschlag ist. Denn die Fran-zösinnen sind dort nicht eben elegant. Es sind ja auch Frauen von einfachen Soldaten. An den Kinderwagen erkennt man sofort die Fran-zösin. Und die vielen Kinder, die sie haben. Für jedes in Deutschland geborene Kind gibt es 200.- Mk mehr Gehalt! Es sind sehr viele Besatzungsfamilien in Lahr, ein ganzes Viertel neue Häuser für diesen Zweck! ... |
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