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                      |  Ottorino Mancioli: 
                        Neueste Mode. 
                        1930. 
                        Temperafarbe auf Karton, 
                        44 x 29 cm. 
                        Privatbesitz
 |  Der italienische Künstler Ottorino Mancioli (1908-1990)
                      hat in einzigartiger Weise das moderne gesellschaftliche
                      Lebensgefühl der römischen 1920er und 1930er
                      Jahre festgehalten. Mit dynamischem, bewegtem Zeichenstrich
                      erfasste er „Typen“, Frauen wie Männer,
                      die dem eleganten Zeitgeist jener Jahre entsprachen. Mancioli
                      konzentrierte sich im Sinne eines Beobachters auf jene
                      zwei Bereiche, die ihm besonders charakteristisch erschienen:
                      Mode und Sport. Die Kabinettausstellung im Bröhan-Museum
                      zeigt 42, zum Teil großformatige Temperablätter,
                      Pastelle und Zeichnungen mit denen Mancioli eine plakative
                      Ansicht von modernità entwirft. Die Nähe zur Werbegrafik wird hierbei deutlich, Manciolis
                      große Plakate zu Sportereignissen passen ästhetisch
                      in diesen Kontext. Bewegung, Kraft und Ausdauer verschmelzen
                      visuell zur Chiffre von Modernität. Mancioli, der selbst ein begeisterter Flieger und Tennisspieler
                      war, umkreist mit seinen Zeichnungen jene beiden Gebiete,
                      die ihm persönlich viel bedeuteten. Geschmack und
                      Stil verdeutlichen sich in der Darstellung der eleganten
                      Welt, Dynamik und Kraft zeigen sich in den Sportmotiven.
                      In den zahlreichen Zeichnungen von Tänzerinnen gehen
                      beide Themenkreise eine Symbiose ein, exemplarisch zu sehen
                      in der Figur der Tänzerin Josephine Baker. Diese Blätter
                      sind nicht nur Zeitzeugnisse für die italienische
                      Stimmung der späten 1920er und frühen 1930er
                      Jahre, sondern sie entsprechen durchaus auch dem internationalen
                      Zeitgeist, der sich damals ganz besonders in Berlin manifestierte.
                      Manciolis Modedarstellungen, die sich auf die Person, den
                      Habitus und die „äußere Hülle“ richten,
                      sind zunächst dokumentarisch, negieren jegliches soziale
                      Umfeld und geben allein der Figur Präsenz durch die
                      Ausstattung der passenden Kleidung: Sei es das Strandleben,
                      gesellschaftliche Anlässe, Vergnügungen oder
                      aber die elegante Straßenkleidung. Die Personen werden über
                      den modischen Charakter hinaus zu Bedeutungsträgern
                      jener Jahre, die die hybride Zeitstimmung der italienischen
                      30er Jahre widerspiegeln. Das Gebiet des Sports imWerk
                      von Mancioli zeigt noch deutlich die Wurzeln des Futurismus. 
                      
                        |  Ottorino Mancioli: Torwart in Schwarz. 
                            1929. 
                            Temperafarbe auf Transparentpapier, 
                        70 x 100 cm. Privatbesitz
 |  Die Verherrlichung von Körperkraft, das pathetische
                      Wir-Gefühl einer Mannschaft, dargestellt mit den Mitteln
                      der Abstraktion, entsprachen dem modernen Zeitgefühl,
                      das in der Symbiose von futuristischer Attitüde und
                      der politischen Bewegung des „fascismo“ zusammen
                      fand. Die Präsentation der grafischen Blätter wird
                      ergänzt durch internationale Art Deco-Objekte aus
                      dem Besitz des Bröhan-Museums, auf denen sich eine
                      verwandte Thematik finden lässt: Sportler, Tänzerinnen,
                      Modedamen in Porzellan, als Glasdekore oder aber als eigene
                      Skulpturen. Für das Bröhan-Museum mit seinem
                      Sammlungsschwerpunkt der 1920er und 1930er Jahre ist die
                      Ausstellung eine besondere Gelegenheit, eine weitere künstlerische
                      Facette dieser Dekade zu zeigen. Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Italienischen
                      Kulturinstitut Berlin und der Associazione Culturale Carismarte.
                      Es findet ein Rahmenprogramm statt. Zur Ausstellung erscheint
                      ein Katalog, deutsch/italienisch, 80 Seiten, 42 farbige
                      Abb., 9 s/w-Abb.
                      zum Preis von 10,-€ 
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