Projekt kulturer.be
Führende Klimaforscher in Deutschland, darunter Forscher der Uni Hohenheim, stellen erstmals aktuelle belastbare Klimaprojektionen für Deutschland und die Flusseinzugsgebiete vor.
 Heiße und trockene Sommer, milde und feuchte Winter: Klimaforscher   der Universität Hohenheim in Stuttgart und ihre Projektpartner   präsentierten Anfang Dezember in Wiesbaden die Ergebnisse ihrer   regionalen Klimaprojektionen für Deutschland. Demnach wird die gesamte   Bundesrepublik in Bedrängnis kommen – wenn die Klimapolitik nicht aktiv   gegensteuert.
    
    Für das künftige Klima in Deutschland gibt es eine gute und eine   schlechte Nachricht. Die schlechte: Bei einem Weiter-wie-bisher-Szenario   werden Hitzeperioden zunehmen, wird Starkregen heftiger, erhöht sich   die Jahresmitteltemperatur um wahrscheinlich fast 4 °C – mit massiven   Konsequenzen für die Landwirtschaft und die Gesundheit der Bevölkerung.   Wenn jedoch alle Vereinbarungen konsequent umgesetzt werden – und das   ist die gute Nachricht – ist das in Paris vereinbarte Zwei-Grad-Ziel   seit Beginn der Industrialisierung immer noch erreichbar.
  
    Dies ist das Ergebnis eines von den Bundesländern initiierten und vom   Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit drei Millionen   Euro geförderten Projektes mit dem Titel „Regionale Klimaprojektionen   Ensemble für Deutschland“ (ReKliEs-De). Erstmals gibt es aktuelle   belastbare Aussagen über die Bandbreite der mittleren Änderungen und der   Extreme der zukünftigen Klimaentwicklung in Deutschland sowie den   Einzugsgebieten der großen nach Deutschland entwässernden Flüsse für die   Klimafolgenforschung und Politikberatung.
  
    Anfang Dezember stellten die Projektpartner ihre Ergebnisse der   Öffentlichkeit im Wiesbadener Landeshaus vor – verbunden mit einem   dringenden Appell an die Politik, den Ausstoß von Treibhausgasen   entsprechend dem Klimaschutzabkommen zu reduzieren.
  
    An dem vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie   koordinierten Projekt beteiligt waren: die Brandenburgische Technische   Universität Cottbus-Senftenberg, das Climate Service Center Germany   (GERICS), der Deutsche Wetterdienst, das Deutsche Klimarechenzentrum,   das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und die Universität   Hohenheim.
  
    Temperatur: Massiver Anstieg der Mittelwerte und mehr Hitzeperioden
  
    Im Klimaschutz-Szenario, so die Rechenmodelle der Forscher, würde die   Erwärmung im 21. Jahrhundert nur rund 1 °C betragen. Doch mit einem   Weiter-wie-bisher-Szenario steigt die Jahresmitteltemperatur um fast 4   °C. Hitzeperioden nehmen zu, Kälteperioden dagegen ab oder bleiben ganz   aus.
  
    „Das wäre ein Desaster“, warnt Prof. Dr. Volker Wulfmeyer, Klimaforscher   an der Universität Hohenheim. „Viele Menschen würden schwere   gesundheitliche Probleme bekommen und auch die Landwirtschaft geriete in   Schwierigkeiten.“ Beispielsweise könne der Anbau von ertragreichem   Winterweizen problematisch werden, weil dieser zum Wachstum eine   Frostperiode benötigt.
  
    Niederschläge: Trocken im Südwesten, feucht im Nordosten
  
    Bei den Niederschlägen haben die Forscher große Unterschiede zwischen   den Jahreszeiten errechnet: Im Winter nehmen die Niederschläge   signifikant zu. „Da es wärmer wird, werden im Winter die   Hochdruckgebiete aus Sibirien zurückgedrängt. Stattdessen haben wir mehr   atlantische Tiefdruckgebiete“, erläutert Prof. Dr. Wulfmeyer.
  
    Das Problem: Durch die höheren Temperaturen kommt der Niederschlag im   Winter vermehrt als Regen statt als Schnee auf die Erde. Schnee dient   aber als Speicher, der bei der Schneeschmelze im Frühjahr die   Grundwasservorräte auffüllt, Regen dagegen wird rasch in die Meere   abgeführt. Mit kritischen Folgen: „Wir müssen uns auf mehr Hochwasser im   Winter einstellen“, warnt die Hohenheimer Projektmitarbeiterin Dr.   Viktoria Mohr, „und darauf, dass die Grundwasservorräte zurückgehen.“
  
    Im Sommer wird es dagegen trockener, es ist häufiger mit mehr Tagen in   Folge ganz ohne Niederschlag zu rechnen. Besonders die Anzahl der   Perioden mit mehr als 14 Tagen ohne Regen nimmt zu.
  
    Regional betrachtet wird im Sommer Baden-Württemberg zum Hotspot: Schräg   durch Deutschland bildet sich nach den Modellrechnungen der   Klimaforscher ein Gradient heraus. Der Südwesten wird wesentlich   trockener sein als heute, der Nordosten zeigt dagegen kaum   Veränderungen.
  
    Supercomputer: Hochleistungsrechnen für das Klima
    
    Um das Ziel des Projektes zu erreichen, wurde in den letzten drei Jahren   (September 2014 bis Dezember 2017) eine weltweit einzigartige   Datenbasis geschaffen. Sie besteht aus räumlich hochaufgelösten   regionalen Klimaprojektionen auf Basis dynamischer Modelle und   statistischer Methoden, welche systematisch die von dem europäischen   Klimaforschungsprojekt EURO-CORDEX erzeugten Ergebnisse ergänzen.
  
    Die Universität Hohenheim war mit diesem Projekt erstmalig maßgeblich an   einer Simulation des Klimawandels beteiligt. Fünf der insgesamt 37   einbezogenen Klimasimulationen haben die Hohenheimer Forscher mit ihrem   eigenen Klimamodell gerechnet. „Das ist ein gewaltiges Datenvolumen, für   das wir den schnellsten Supercomputer Deutschlands im   Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart genutzt haben“, berichtet Dr.   Kirsten Warrach-Sagi, Leiterin der Arbeitsgruppe „Modellierung des   Erdsystems und Datenassimilation“ an der Universität Hohenheim.
  
    Auch den weiteren Forschungen an der Universität Hohenheim kommen diese   neuen Ergebnisse zugute, etwa im Forschungsnetzwerk Klimavariabilität   und in der DFG-Forschergruppe „Regionaler Klimawandel“.
  
    Hintergrund: Projekt Regionale Klimaprojektionen Ensemble für Deutschland (ReKliEs-De)
    
    Das Projekt „Regionale Klimaprojektionen Ensemble für Deutschland“   (ReKliEs-De) wurde von den Bundesländern initiiert und vom   Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 3   Millionen Euro gefördert. Es startete im September 2014 über gut drei   Jahre bis Dezember 2017.
  
    Im Rahmen des Projektes wurden viele wichtige Teilziele definiert und   bearbeitet. Dies umfasste in erster Linie die Vergrößerung der   Datenbasis und die Berechnung einer Vielzahl nutzerorientierter   Klimakennzahlen. Darauf aufbauend lässt sich abschätzen, ob Risiken neu   bewertet und Anpassungsmaßnahmen anders konzipiert oder priorisiert   werden müssen.
  
    Zu den Projektzielen gehört auch die Abschätzung, wie viele   Klimaprojektionen notwendig sind um die vorhandene Bandbreite korrekt   abzudecken. Es zeigte sich, dass dies für Mittelwerte der Temperatur   bereits mit weniger als 10 Klimaprojektionen möglich ist. Für die   mittlere Niederschlagshöhe ist ein Ensemble von rund 30 Modellen   erforderlich. Bei seltenen Ereignissen wie z. B. tropischen Nächten oder   Starkregen-Kennzahlen erhöht sich dagegen die Bandbreite im   vorliegenden Ensemble immer weiter, je mehr Projektionen hinzukommen.
  
    Für die meisten Temperaturkennzahlen liefern alle Modelle relativ   einheitliche Ergebnisse. Größere Abweichungen mit zum Teil gegenläufigen   Trends ergeben sich bei den Niederschlagsänderungen. Diese sind   vorwiegend durch die zwei unterschiedlichen Simulationsmethoden bedingt   (dynamische und statistische Modelle), die in ReKliEs-De berücksichtigt   werden.
  
    Die direkten Modellergebnisse und die berechneten Klimaindizes sind   einheitlich aufbereitet und standardisiert. Die Daten werden in der am   Deutschen Klimarechenzentrum betriebenen Weltklimadatenbank WDCC   langzeitarchiviert und stehen auch Nutzern außerhalb des Projektes zur   Verfügung.
  
    Ein Ergebnisbericht stellt die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Projekt   in kompakter Form zusammen. Grafiken der Projektergebnisse werden auf   einer Internetseite bereitgestellt. Für die Zielgruppen des Projektes   wird in einem Nutzerhandbuch erläutert, wie die wissenschaftlichen   Ergebnisse in der Praxis verwendet werden können.
  
    Die Projektergebnisse von ReKliEs-De leisten einen wichtigen Beitrag zur   Erforschung des Klimawandels in Deutschland und stellen die Basis für   mögliche Anpassungsmaßnahmen und politische Entscheidungen dar.
  
    Website ReKliEs-De:  http://reklies.hlnug.de/
http://reklies.hlnug.de/
Florian Klebs Hochschulkommunikation
    Universität Hohenheim
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