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Wenn sich Erdboden erwärmt, setzt er vermehrt Kohlendioxid (CO2) frei – ein Effekt, der den Klimawandel zusätzlich anheizt. Bisher hatte man angenommen, der Grund hierfür sei vor allem in kleinen Bodentieren und Mikroorganismen zu suchen, die bei wärmeren Temperaturen mehr fressen und atmen würden. Eine neue Studie in Nature Climate Change zeigt jedoch, dass dies nicht zutrifft. Im Gegenteil: Kommt zur Wärme auch noch Trockenheit hinzu, fressen die Bodentiere sogar weniger. Um die Vorhersagekraft von Klimamodellen zu verbessern, sei es nun dringend notwendig, die biologischen Vorgänge im Boden besser zu erforschen, so die Wissenschaftler.
 Dass sich das Klima weltweit ändert, liegt vor allem daran, dass der   Mensch fossile Brennstoffe nutzt. Dadurch gelangen große Mengen an   Kohlendioxid (CO2) in die Erdatmosphäre. Zusätzlich verstärkt sich der   Klimawandel aber auch selbst, denn durch die Erderwärmung ändert sich   auch der natürliche Kohlenstoffkreislauf. Zwar wird auf der Erde ständig   Kohlenstoff von festen Verbindungen in gasförmiges CO2 umgewandelt und   umgekehrt – doch wärmere Temperaturen können dazu führen, dass dem Boden   noch mehr Kohlenstoff in Form von CO2 entweicht und in die   Erdatmosphäre gelangt: ein Rückkopplungs-Effekt.
    
    Bisher waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dieser Effekt liege vor   allem an jenen kleinen Tieren und Mikroorganismen im Boden, die sich von   abgestorbenem organischen Material ernähren, etwa von   heruntergefallenen Blättern. Denn wenn sie ihre Nahrung „verbrennen“,   wird CO2 frei („Atmung“). Bei wärmeren Temperaturen, so hatte man   angenommen, würden zersetzende Insekten und Würmer mehr fressen.   Schließlich handelt sich um wechselwarme Tiere, deren Körpertemperatur   und Aktivität von der Umgebung abhängt. Auch Bakterien und einzellige   Pilze seien bei wärmeren Temperaturen aktiver, so die bisherige   Erklärung. Doch nun stellt eine neue Studie diese Annahme in Frage. Ein   Forscherteam unter Federführung des Deutschen Zentrums für integrative   Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig hat in einem   Experiment die Erwärmung des Bodens im Wald simuliert und überraschend   festgestellt: Auf die Fressaktivität der Bodentiere haben die wärmeren   Temperaturen keinen Einfluss. Als die Forscher zusätzlich zur Erwärmung   noch einen zweiten Effekt des Klimawandels simulierten, nämlich   Trockenheit, waren die Ergebnisse sogar umgekehrt als erwartet: Die   Bodentiere fraßen weniger, und auch bei den Mikroorganismen im Boden   ging die Atmung (CO2-Produktion) zurück – ein Hinweis, dass sie   ebenfalls weniger Nahrung aufnahmen.
    
    Warum diese Resultate von großer Relevanz sind, erklärt Dr. Madhav P.   Thakur, Erstautor der Studie: „Der Rückkopplungs-Effekt, dass Erwärmung   die Freisetzung von weiterem CO2 aus dem Boden verstärkt, spielt eine   wichtige Rolle in Vorhersage-Modellen zum Klima. Daher ist es wichtig zu   verstehen, wie er zustande kommt. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin,   dass die Rückkopplung nicht an den Bodentieren liegt, im Gegenteil:   Deren Rolle scheint genau umgekehrt zu sein wie erwartet, zumindest wenn   Erwärmung und Trockenheit zusammenkommen.“ Der Seniorautor der Studie,   Professor Nico Eisenhauer, sagt: „Am wahrscheinlichsten ist es, dass   anstatt der Bodentiere und Mikroorganismen die Pflanzen für den   Rückkopplungs-Effekt verantwortlich sind, denn auch sie atmen mit ihren   Wurzeln. Um die Aussagekraft von Klimamodellen zu verbessern müssen wir   die Abläufe im Boden nun dringend besser verstehen“. Immerhin würde ein   Großteil des auf der Erde vorhandenen Kohlenstoffs im Boden stecken.
    
    Die Studie wurde innerhalb eines Langzeit-Experiments zum Klimawandel in   Minnesota in den USA durchgeführt. Im Projekt „B4WarmED“ (Boreal Forest   Warming at an Ecotone in Danger) erwärmen Wissenschaftler in Wäldern   verschiedene Parzellen künstlich um 3,4 °C. Zusätzlich reduzieren sie   stellenweise Regen um 40 % indem sie bei Regenwetter Zelte aufstellen.   Wie viel die zersetzenden Bodentiere bei den verschiedenen   Versuchsanordnungen fraßen, haben die Wissenschaftler mit so genannten   „Köder-Streifen“ (Englisch: bait lamina strips) gemessen: Kleine   Stäbchen, die mit Löchern versehen waren, in welche die Forscher ein   Substrat füllten, das der normalen Nahrung der Zersetzer ähnelt. Diese   Stäbchen steckten sie tief in den Boden. Alle zwei Wochen kontrollierten   sie, wie viel Substrat aufgefressen war. Insgesamt haben die Forscher   über vier Jahre mehr als 40 Messungen durchgeführt. Es ist die erste   Studie dieses Umfangs, die die Auswirkungen von Erwärmung und   Trockenheit auf zersetzende Bodentiere untersucht. Zusätzlich   überprüften die Forscher die Atmung der Boden-Mikroorganismen indem sie   in kleinen Boden-Bereichen Pflanzenwurzeln mit einem Metallring   ausschlossen und dann mit einem Gas-Analysegerät maßen, wie viel CO2 aus   dem Boden entwich. Tabea Turrini
    
    Originalpublikation:
    
    Madhav P. Thakur, Peter B. Reich, Sarah E. Hobbie, Artur Stefanski, Roy   Rich, Karen E. Rice, William C. Eddy, Nico Eisenhauer (2017): Reduced   feeding activity of soil detritivores under warmer and drier conditions.   Nature Climate Change. doi:10.1038/s41558-017-0032-6
Tabea Turrini 
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
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