| 22.5.15            
              Auf nackter Haut – Leib. Wäsche.
              Träume.            
              Ausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg
               (hdgbw)
                Unterwäsche ist mehr als ein Kleidungsstück: Was Textilien
                aus drei Jahrhunderten über gesellschaftliche Trends, Moden
                und technische Erfindungen ihrer Zeit sagen, davon handelt die
                Sonderausstellung „Auf nackter Haut – Leib. Wäsche.
                Träume.“ im Haus der Geschichte Baden-Württemberg.
                Vom 22. Mai 2015 bis zum 31. Januar 2016 ist in dem Stuttgarter
                Museum ein Exkurs in die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des
                deutschen Südwestens zu sehen. „Eine Zeit und eine Gesellschaft spiegeln sich nicht nur
              in großen Staatsaktionen. Manchmal verrät der Blick
              darunter mehr über die jeweilige Epoche, wie unsere Ausstellung
              eindrucksvoll zeigt“, sagte Museumsleiter Dr. Thomas Schnabel
              bei der Eröffnungspressekonferenz am 21. Mai. Rechts: Ausstellungsplakat unter Verwendung eines Schiesser-Flechttrikots
              für Damen; Baumwolle, gewirkt; um 1900. © Haus der Geschichte BW
              / Simone Leitenberger Und wie wer zur Unterwäsche stand und steht, ist immer auch
              eine Frage des Blickwinkels. „Die Ausstellung blickt auf
              das Thema vor allem aus der Perspektive beider Geschlechter, aber
              auch aus der unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen“,
              beschrieb Ausstellungsleiterin Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger das
              Konzept. Frühe Büstenhalter, klassischer Feinripp, reizvolle
              Spitze: Die Wäschestücke und Bademoden werden in der
              Ausstellung wie in einem großen Schaufenster in die Vergangenheit
              präsentiert. Sie erzählen von Lebensreformbewegungen
              und Körperidealen, von Geschlechterrollen und Moralvorstellungen.
              Filmausschnitte zeigen, wie die intime Hülle Film und Werbung
              eroberte: Träume und Inszenierungen – ob athletisch-heroisch
              wie in Leni Riefenstahls Sequenzen aus der NS-Zeit oder erotisch
              wie etwa in Rolf Thieles „Das Mädchen Rosemarie“. Vor allem Objekte aus den Produktarchiven der Hersteller Schiesser
              und Wilhelm Benger Söhne ermöglichen einen Überblick über
              all das, was meistens nicht sichtbar war und ist. Nachdem Schiesser
              2009 Insolvenz beantragt hatte, gab der Insolvenzverwalter die
              komplette Musterkollektion der Traditionsfirma mit weit über
              5000 Wäschestücken aus 135 Jahren als Leihgabe ans Haus
              der Geschichte. „Das Unternehmen entwickelte sich wieder
              günstig, und das Wäschearchiv konnte als Ganzes erhalten
              werden“, blickte Paula Lutum-Lenger zurück auf den ersten
              Schritt hin zur Ausstellung.  Schaufensterfiguren aus den 1930er Jahren und Kleidung aus der
              NS-Zeit. Foto: Haus der Geschichte BW / Sacha
              Dauphin
 Der Radolfzeller Wäscheproduzent war ein zentraler Bestandteil
              einer einst boomenden Maschenindustrie. „Mehr als 100 Jahre
              prägte die Textil- und Bekleidungsindustrie in Baden, Württemberg
              und Hohenzollern die wirtschaftliche Entwicklung“, erklärte
              Thomas Schnabel. „Erst in den fünfziger Jahren des 20.
              Jahrhunderts wurde sie vom Maschinen- und Fahrzeugbau abgelöst.
              Heute spielt sie bei Umsatz und Beschäftigung nur noch eine
              vergleichsweise geringe Rolle.“ Aus den Maschinen kam im Lauf der Jahrzehnte auch manches, was
              aus heutiger Sicht kurios wirkt. Etwa Untertrikotagen für
              Frauen mit taschenartigen Einsätze für die Brüste,
              rosa Männerunterhosen, Badeanzüge aus Wolle, Wäsche
              aus Papier oder schweißtreibenden Kunststoffen. Die Ausstellung
              birgt so manche Überraschung. Weitere Informationen zur Ausstellung:    www.auf-nackter-haut.de |