| Vorderösterreich oder die (österreichischen) 
                      Vorlande ist ein Sammelname für die Besitzungen der Habsburger 
                      in Oberschwaben, am Bodensee, im Schwarzwald, am Oberrhein 
                      und im Sundgau, die als "vor dem Arlberg gelegen" aus der 
                      Sicht des Besitz- und Herrschaftsschwerpunkts in Inner-, 
                      Nieder- und Oberösterreich oft nur ein Anhängsel der Habsburgermonarchie 
                      bildeten. Scherzhaft sprach man von der "Schwanzfeder des 
                      Kaiseradlers".
                       
                        |  österreichischer Doppeladler
 am Rathaus in Horb am Neckar
 
 |  Entstehung  
                     Der älteste Habsburger Besitz lag im Elsass, im Sundgau 
                      und in der Nordschweiz, wo die namengebende Burg Habsburg 
                      liegt. Schon im 13. Jahrhundert, noch während sich Graf 
                      Rudolf von Habsburg Österreich 1278 gegen den Böhmenherzog 
                      Ottokar Przemysl sicherte, gelang die Erweiterung des Besitzes 
                      am Rhein durch das Lenzburger und Kyburger Erbe, denen im 
                      14. Jahrhundert weitere Erwerbungen im Breisgau und in Schwaben 
                      folgten. Unter ersteren befand sich die Stadt Freiburg (1368), 
                      unter letzteren die Grafschaft Hohenberg (1381). Durch die 
                      Niederlagen von Morgarten 1315 und Sempach 1386 und die 
                      Gebietsverluste an die Eidgeniossen verlagerte sich der 
                      Schwerpunkt in den Bereich nördlich von Bodensee und Hochrhein. 
                      Im ausgehenden 13. Jahrhundert hatte Rudolf von Habsburg 
                      vergeblich versucht, das staufische Herzogtum Schwaben wieder 
                      herzustellen, die Konkurrenten der Habsburger im oberen 
                      Donauraum waren dann im 14. und 15. Jahrhundert die Grafen 
                      von Württemberg, denen dasselbe Ziel am Ende des 15. Jahrhunderts 
                      misslang. Mit dem Verlust weiterer Machtpositionen im Gebiet der Eidgenossen 
                      war auch der zentrale Verwaltungssitz in Baden im Aargau 
                      nicht mehr zu halten und die Regierung wurde nach Ensisheim 
                      im Elsass verlegt.
 1444 wurden die Lande "enhalb des Arl und Fern" erstmals 
                      "obere vordere österr. Lande" genannt. Zu Vorderösterreich 
                      im engeren Sinn gehörten aber zwischen dem 15. und dem 17. 
                      Jh. nur die Gebiete, die unmittelbar unter der "vorderösterreichischen" 
                      Regierung in Ensisheim standen, d.h. die vier Lande Elsass, 
                      Sundgau, Breisgau und Schwarzwald, die vier Waldstädte Waldshut, 
                      Laufenburg, Säckingen und Rheinfelden sowie Villingen und 
                      Bräunlingen am östl. Rand des Schwarzwalds.
 Nach dem Verlust von Elsass und Sundgau im Westfälischen 
                      Frieden 1648 wurde die Regierung nach Freiburg verlegt, 
                      wo schon seit 1457 die von Herzog Albrecht VI. gegründete 
                      Universität das geistige Zentrum bildete.
 Von Vorderösterreich ist verwaltungsmäßig Schwäbisch-Österreich 
                      zu trennen, zu dem die umfangreichen Besitzungen, darunter 
                      die Markgrafschaft Burgau in Oberschwaben gehörten. Vorderösterreich, 
                      Schwäbisch-Österreich und Vorarlberg standen unter der Tiroler 
                      Regierung in Innsbruck
 Frühe Neuzeit
                     1753 löste die österr. Kaiserin Maria Theresia die vorländischen 
                      Besitzungen von der verwaltungsmässigen Unterstellung unter 
                      die Tiroler Regierung und erhob sie zu einer neuen eigenen 
                      Provinz Vorderösterreich. Gegen Ende des Alten Reiches umfasste 
                      Vorderösterreich den Breisgau mit den Herrschaften Hauenstein, 
                      Laufenburg, Rheinfelden (mit dem Schaffneiamt Frick), Triberg, 
                      Kastel- und Schwarzenberg, Kürnberg und Bräunlingen, die 
                      Ortenau (seit 1771) sowie die schwäb.-österr. Markgrafschaft 
                      Burgau, die Landvogtei Schwaben, die Landgrafschaft Nellenburg 
                      und die Grafschaft Hohenberg. Weiterhin zählten dazu die 
                      Stadt Konstanz (bis 1798 mit den Grafschaften Altnau und 
                      Eggen im Thurgau) und die Reichsgrafschaft Tettnang (nach 
                      dem Aussterben der Gf. von Montfort 1780) mit Argen, Schomburg 
                      und Wasserburg (1755-1805 habsburg.). 1782 wurde Vorarlberg 
                      der Tiroler Regierung in Innsbruck unterstellt. Sitz der 
                      vorderösterreichischen Regierung war 1753-59 Konstanz, ab 
                      1759 bis zum Reichsdeputationshauptschluss Freiburg i.Br.
                     Verwaltungsgliederung 1790
  * Oberamt Breisgau, Hauptstadt Freiburg im Breisgau - 
                      von Herbolzheim und Triberg im Norden über Breisach, Krozingen 
                      und Waldshut bis Laufenburg und Rheinfelden südlich des 
                      Rheins inclusive des heutigen Fricktales und am Ostrand 
                      des Schwarzwalds (Villingen und Bräunlingen)* Oberamt Offenburg - nur einige Orte in der Ortenau, die 
                      Stadt Offenburg selbst war freie Reichsstadt
 * Oberamt Grafschaft Hohenberg - Gebiete am oberen Neckar 
                      um den Verwaltungssitz Rottenburg am Neckar (Horb am Neckar, 
                      Oberndorf am Neckar) und am Westrand der Schwäbischen Alb 
                      (Schömberg, Spaichingen)
 * Oberamt Nellenburg (Landgrafschaft) ("Landgrafschaft Nellenburg") 
                      - Gebiete vom Nordwesten des Bodensees (Stockach (Verwaltungssitz), 
                      Radolfzell) und im Hegau (Aach) bis zur Donau (Mengen, Herrschaft 
                      Gutenstein (siehe Sigmaringen-Gutenstein), Saulgau, Gebiete 
                      in der Umgebung von Riedlingen)
 * Oberamt Altdorf ("Landvogtei Schwaben") - Verwaltungssitz 
                      Weingarten Gebiete vom östlichen Nordufer des Bodensees 
                      über das Schussental (Waldsee) bis zur Ostalb (Schelklingen, 
                      die Stadt Riedlingen), außerdem im Westallgäu das Umland 
                      der Reichsstadt Leutkirch im Allgäu (Gebrazhofen)
 * Oberamt Tettnang (Reichsgrafschaft) ("Reichsgrafschaft 
                      Tettnang") - ein geschlossenes Gebiet am mittleren Nordufer 
                      des Bodensees um Tettnang und Wasserburg am Bodensee, das 
                      einen Teil des vormaligen Herrschaftsgebietes der Montforter 
                      Grafen umfasste.
 * Oberamt (Markgrafschaft) Günzburg ("Markgrafschaft Burgau") 
                      - neben dem Verwaltungssitz weitere Gebiete im heutigen 
                      bayrischen Regierungsbezirk Schwaben (Weißenhorn, Burgau) 
                      und im baden-württembergischen Alb-Donau-Kreis (Ehingen)
 * Oberamt (Oberamt) Winnweiler - Winnweiler und Umgebung 
                      sowie einige Orte südlich von Mainz und um Kirchheimbolanden
 * die Stadt Konstanz
 Das Ende von Vorderösterreich 
                     Bereits 1799 verlor Österreich die Gebiete südlich des 
                      Rheins. Das Fricktal wurde zunächst französisches Protektorat, 
                      1802 ein eigener Kanton in der Helvetischen Republik, 1803 
                      schließlich ein Teil des Aargaus. 1803 kamen der Breisgau 
                      und die Ortenau als habsburgische Sekundogenitur an den 
                      Herzog von Modena. Im Pressburger Frieden von 1805 verloren 
                      die Habsburger Vorderösterreich vollständig. Die Territorien 
                      gingen an Bayern, Baden, Württemberg und Hessen-Darmstadt. 
                      Überlegungen zur Zeit des Wiener Kongresses 1815, den 
                      Breisgau wieder zu erwerben, wurden zwar von der dortiogen 
                      Bevölkerung unterstützt, stießen aber auf 
                      Widerspruch bei den österreichischen Militärs. 
                      Auch die Krise des badischen Staats 1817/18 weckte zwar 
                      gelüste auf den Breisgau, blieb aber folgenlos.
                     Historische Bedeutung 
                     Die historische Bedeutung Vorderösterreichs liegt u.a. 
                      darin, dass es - zusammen mit den Besitzungen der Familien 
                      Fürstenberg und Hohenzollern sowie einer Anzahl geistlicher 
                      Gebiete - für die katholische Prägung der Südhälfte von 
                      Baden-Württemberg verantwortlich ist. Architektonische Zeugnisse 
                      hierfür sind die Bauten der Familie Thumb.
                     Literatur  
                      * Irmgard Christa Becker (Hg.): Vorderösterreich, Nur 
                      die Schwanzfeder des Kaiseradlers? Die Habsburger im deutschen 
                      Südwesten. Süddeutsche Verlagsgesellschaft, Ulm 1999, ISBN 
                      3-8829-4277-0 (Katalog der Landesausstellung).* Christoph Döbeli: Die Habsburger zwischen Rhein und Donau. 
                      2. Auflage, Erziehungsdepartement des Kantons Aargau, Aarau 
                      1996, ISBN 3-952-06901-9.
 * Hans Maier, Volker Press (Hg.): Vorderösterreich in der 
                      frühen Neuzeit. Thorbecke, Sigmaringen 1989, ISBN 3-7995-7058-6.
 * Friedrich Metz (Hg.): Vorderösterreich. Eine geschichtliche 
                      Landeskunde. 4. überarbeitete und erweiterte Auflage. Rombach, 
                      Freiburg i. Br. 2000, ISBN 3-7930-9237-2.
 * Andreas Zekorn, Bernhard Rüth, Hans-Joachim Schuster und 
                      Edwin Ernst Weber (Hg.): Vorderösterreich an oberem Neckar 
                      und oberer Donau. UVK Verlagsges., Konstanz 2002, ISBN 3-89669-966-0 
                      (hrsg. im Auftrag der Landkreise Rottweil, Sigmaringen, 
                      Tuttlingen und Zollernalbkreis).
 * Klaus Rommel (Hg.): Das große goldene Medaillon von 1716.(Donativ 
                      des Breisgaus,Schwäbisch-Österreich und Vorarlberg zur Geburt 
                      Leopolds).Rommel, Lingen 1996, ISBN 3-9807091-0-8.
 
 Weblinks Franz Quarthal in: Historisches Lexikon der Schweiz. http://hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7351.php |