|  Karl Philipp war das siebte von 17 Kindern seiner Eltern Philipp
                Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Elisabeth Amalia Magdalena von
                Hessen-Darmstadt. Als jüngerer Bruder Johann Wilhelms, des
                Nachfolgers in der Kur, war er eigentlich zum geistlichen Stand
                bestimmt. Ohne geistliche Weihen wurde er bereits mit 14 Jahren
                Domherr in Köln, 1677 in Salzburg, 1679 in Mainz sowie im
                gleichen Jahr Malteserritter. Er erhielt zudem eine militärische
                Ausbildung. 1684 beendete er seine geistliche Karriere, trat
                in den kaiserlichen Dienst und nahm von 1691 bis 1694 an den
                Türkenkriegen, vor allem in Ungarn, teil und hatte den
              Rang eines kaiserlichen Feldmarschalls inne.
 Bild: Johann Philipp van der Schlichten: Staatsporträt des Kurfürsten
                Karl Philipp, 1733. Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim. Wikimedia
                Commons Mit seinen beiden Gemahlinnen, Luisa von Radziwill und Theresa
                Katharina Lubomirska, galt Karl Philipp als aussichtsreichster
                Kandidat auf die polnische Königskrone. Eine ernst zu nehmende
                Kandidatur konnte er jedoch nicht verwirklichen, da die finanziellen
                Mittel
                nicht nur der Pfalz generell, sondern auch seiner Person als
                nachgeborener Bruder des regierenden Kurfürsten nicht ausreichten. 1712 wurde er Gubernator der ober- und vorderösterreichischen
                Lande in Innsbruck. Nach dem Tod seines älteren Bruders
                Johann Wilhelm im Jahr 1716 trat er dessen Nachfolge als Kurfürst
                der Pfalz und Herzog von Pfalz-Neuburg sowie in den Herzogtümern
                Jülich und Berg an, ließ sich allerdings Zeit mit
                der Rückkehr in die Erblande. Nach fast einem Jahr Aufenthalt
                in Neuburg traf er 1718 in Heidelberg ein. Düsseldorf, die
                Residenz seines Vorgängers, verschmähte er, weil die
                dortigen Landstände von ihm geforderte Gelder nicht bewilligen
                mochten.  Der von Jesuiten erzogene, unter ihrem Einfluss stehende und
                fast schon als frömmlerisch geltende Kurfürst geriet
                in seiner Heidelberger Zeit mit dem reformierten Kirchenrat in
                Konflikt. Der erste der Konflikte entstand, als er versuchte,
                den Neudruck des Heidelberger Katechismus (mit seiner antikatholischen
                80. Frage) unter dem kurfürstlichen Wappen zu verbieten.
                Weiter beanspruchte er die Heidelberger Heiliggeistkirche als
                katholische Hofkirche, was eine Aufhebung des Simultaneums bedeutet
                hätte. Nachdem er in einer Nacht- und Nebel-Aktion die Trennmauer
                zwischen den reformierten Langhaus und dem katholischen Chor
                abreissen hatte lassen, musste er auf Intervention sowohl der
                protestantischen Fürsten, allen voran des Königs von
                Preußen, als auch des an die geltenden Privilegien gebundenen
                Kaisers nachgeben. Er nahm diesen Konflikt als Vorwand, die Residenz
                nach Mannheim zu verlegen, wo er allerdings bereits im Vorjahr
                Ausschau nach einem geeigneten Wohnpalais gehalten hatte. Tatsache
                war indessen, dass für einen zeitgemäßen Neubau
                in Heidelberg kein Raum war, der Baugrund darüber hinaus
                zu viel gekostet hätte. In Mannheim war das ehemalige Festungsgelände
                bereits Fiskalbesitz.  Im Mai 1720 wurde der Grundstein für das Mannheimer Schloss
                gelegt sowie mit dem Bau des an das Schloss angeschlossenen Jesuitenkollegiums
                begonnen. 1733 wurde der Schlosskomplex mit der Grundsteinlegung
                zur Mannheimer Jesuitenkirche vervollständigt. Sie gilt
                als einer der bedeutendsten Kirchenbauten der Gegenreformation
                in Deutschland. Während der Bauzeit wohnte Karl Philipp in den
                Wintermonaten in einem für die Zwecke des Hofs umgebuaten Palais
                am Mannheimer Marktplatz (R 1), im Sommer in Schwetzingen, dessen
                Bau er fertiggestellt hatte.   Kurfürstliches Residenzschloss Mannheim, Schlosshof
 Das Schloss ist zwar architektonisch nicht sonderlich differenziert,
                gehörte aber mit seiner Innenausstattung, für die die besten
                Künstler der Zeit verpflichtet wurden, zu den Hauptwerken des
                frühen 18. Jahrhunderts: Die Deckengemälde in Treppenhaus und
                Rittersaal schufen die Brüder  Asam, die Stuckarbeiten Paul Egell,
                Hofoper und Jesuitenkirche gehen auf Alessandro Galli da Bibiena
                zurück. Bereits in seiner Innsbrucker Zeit legte Karl Philipp
                mit dem dortigen Hoforchester den Grundstein für die Mannheimer
                Schule, das unter seinem Nachfolge Carl Theodor dann berühmteste
                Orchester Europas.  Auch
                Karl Philipp blieben männliche Erben versagt, was
                ihn vor das Problem stellte, die Erbfolge seiner Neuburger Stammlande
                zu regeln. Hier konnte er versuchen, durch diplomatisches Geschick
                die weibliche Erbfolge, die bereits durch den Übergang der
                Herzogtümer Jülich und Berg an das Haus Neuburg im
                17. Jahrhundert vorgezeichnet war, und seiner Tochter bzw. seiner
                Enkelin die Erbschaft zu
                sichern. Darüber hinaus musste durch die Eheverbindung seiner
                drei Enkelinnen die Einheit der wittelsbachischen Lande bewahrt
                werden. Infolgedessen wurde nach dem Tod seines Schwiegersohns
                und präsumptiven Erbes der Kurpfalz, des Pfalzgrafen Johann
                Christian von Sulzbach, dessen Sohn Carl Theodor in Mannheim
                als nächster Erbe erzogen. (Bild: Die drei Enkelinnen des
                Kurfürsten in einer allegorischen Darstellung im Treppenhaus
                des Mannheimer Schlosses)
 Um den seit langem schwelenden Konflikt mit den bayerischen
                Wittelsbachern zu entschärfen und sie auf die von ihm vorgesehene
                Erbfolge einzuschwören, schloss er 1724 den Wittelsbachischen
                Hausvertrag, nach dem gegen eine Zusicherung der Erbfolge vereinbart
                wurde, bei der nächsten Kaiserwahl mit den drei Kurstimmen
                des Gesamthauses einen Wittelsbacher zum Kaiser zu wählen,
                das Reichsvikariat gemeinsam auszuüben und bei einem gegenseitigen
                Erbfall die Residenz in München zu errichten.  Pikant an dieser Erbfolgeregelung ist, dass Kurprätendent
                Carl Theodor nicht eine bestimmte Enkelin anverlobt wurde, sondern
                dass er zu gegebener Zeit die dann überlebende älteste
                Haupterbin heiraten sollte. Folgerichtig wurde am 17. Januar 1742 in Mannheimer Residenzschloss
                die Doppelhochzeit der beiden älteren Enkelinnen Elisabeth
                Augusta und Maria Anna mit Kurprätendent Carl Theodor bzw.
                Herzog Clemens Franz von Bayern gefeiert. 1746 folgte die Hochzeit
                der jüngsten Enkelin Franziska Dorothea mit Pfalzgraf Friedrich
                Michael von Zweibrücken, nachdem der regierende Herzog Christian
                IV. von Zweibrücken, der nächste Erbe an der Kur, durch
                seine unstandesgemäße Hochzeit ausgeschieden war. Zur Doppelhochzeit in Mannheim war die gesamte Wittelsbacher
                Familie geladen, darunter Johann Theodor von Bayern, Fürstbischof
                von Regensburg und Freising, Clemens August von Bayern, Erzbischof
                von Köln (der die Trauung vornahm) und Karl Albrecht, Kurfürst
                von Bayern. Dieser hatte sich unmittelbar vorher nach dem Tod
                Kaiser Karls VI. in den Besitz Böhmens gesetzt und sich
                in Prag zum König von Böhmen krönen lassen. Die
                Verhandlungen des Kurfürstenkollegs hatten ihn bereits als
                Kandidaten für die anstehende Kaiserwahl ausersehen. Von
                Mannheim aus, wo er im nach ihm benannten „kaiserlichen
                Quartier“ des Residenzschlosses gewohnt hatte, fuhr er
                zur Wahl und Krönung als Kaiser Karl VII. Albrecht nach
                Frankfurt. Am Tag nach seiner Krönung besetzten österreichische
                Truppen allerdings seine Residenzstadt München – der österreichische
                Erbfolgekrieg war ausgebrochen und hinderte ihn für die
                nächste Zeit daran, Frankfurt zu verlassen.   Karl Philipp feierte, obwohl bereits im vorgerückten Alter,
                die Hochzeit aktiv mit und starb im Dezember desselben Jahres.
                Er ließ sich als einziger der pfälzischen Kurfürsten
                in der Gruft der neu erbauten Schlosskirche beisetzen – neben
                seiner dritten Gemahlin Violante Maria von Thurn und Taxis. Die
                Eheschließung mit ihr hielt er allerdings wegen ihrer Unebenbürtigkeit
                zeitlebens geheim.
 Bild: Sarkophag des Kurfürsten Karl Philipp in der Gruft der
                Mannheimer Schlosskirche - der einzige in Mannheim bestattete
                Kurfürst Karl Philipps Verdienst ist die Beilegung des seit 1622 währenden
                Streits mit Bayern um das Amt des Reichsvikariats. Bislang noch
                nicht weiter verfolgten Quellen zu Folge scheint das Mannheimer
                Residenzschloss – „sein“ Residenzschloss – in
                der Aussicht auf eine üppige Entschädigungszahlung
                des kaiserlichen Hofes für den 1622 erlittenen Verlust der
                Oberpfalz, das sich Bayern als Kriegsbeute gesichert hatte, so
                groß dimensioniert worden zu sein, dass es als zweitgrößtes
                Barockschloss Europas (nach Versailles) gilt. Vor allem das Treppenhaus
                des Mannheimer Schlosses ist ein deutlicher Verweis des Kurfürsten
                auf seine militärischen Erfolge und seine politischen Herausforderungen.
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