| Künstlerreisen nach Italien sind in der Sammlung
                      der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe durch eine immense
                      Fülle von Werken belegt, von denen nun erstmals eine
                      Auswahl vorgestellt wird. „Viaggio in Italia. Künstler
                      auf Reisen 1770 – 1880“ zeigt mehr als 150
                      Skizzen und Zeichnungen, Aquarelle und Ölstudien,
                      aber auch großformatige Kartons, Gemälde und
                      Druckgraphik. Vor allem Rom als internationales Kunstzentrum
                      zog Künstler aus ganz Euro-pa an und bildete ein Forum
                      für einen regen Austausch unter Malern, Architekten
                      und Bild-hauern. So vereint die Ausstellung unter anderem
                      Werke von Jean-Honoré Fragonard, Jo-seph Anton Koch,
                      Bertel Thorvaldsen, Julius Schnorr von Carolsfeld, Carl
                      Blechen, Camille Corot, Johann Wilhelm Schirmer, Arnold
                    Böcklin und Anselm Feuerbach. Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden Landschaftsmotive.
                      Sie beginnt mit einigen Arbei-ten französischer Künstler
                      wie Claude Lorrain, Hubert Robert und Jean-Honoré Fragonard.
                      Die jungen Stipendiaten der französischen Akademie
                      in Rom durchstreiften die Campagna in der Nachfolge Lorrains, um zu zeichnen. Künstler
                      wie Fragonard suchten nicht die unbe-rührte, sondern
                      die kultivierte Natur in Form von Parklandschaften, die
                      sich als Kulisse für amouröse und gesellige Szenen
                      eignete. Den französischen Werken werden Arbeiten
                      von deutschen Künstlern wie Jakob Philipp Hackert,
                      Wilhelm Friedrich Gmelin und Joseph Anton Koch gegenübergestellt,
                      für die Italien vor allem aufgrund seiner historischen
                      Dimension und seiner geschichtsträchtigen Stätten
                      zum einzigartigen Anziehungspunkt wurde. Ihnen fehlte das
                      Sammelbecken einer Akademie, doch knüpften sie vereinzelt
                      Kontakte zu ihren Kollegen aus Frankreich und gründeten
                      eigene Zirkel, in denen sie Ideen austauschten.
 Angeregt durch naturwissenschaftliche Forschungen, interessierte
                      die Natur in der Vielfalt ihrer Erscheinungen. Wasserfälle,
                      Grotten und Felsmassive gehörten zu den bevorzugten
                      Motiven, die man auf ausführlichen Wanderungen vor
                      Ort studierte. Aus einzelnen Versatz-stücken wurden
                      Landschaften komponiert, die ein harmonisches und ideales
                      Ganzes bilden sollten. Eine Reihe von Druckgraphiken – die „Mahlerisch
                      radierten Prospecte“ – zeugt da-von, wie beliebt
                      diese Sujets waren und wie weit sie verbreitet wurden.  Parallel zur Beschäftigung mit der Landschaft und
                      der Antike ließen sich die Künstler im Um-feld
                      der Nazarener von der Malerei der italienischen Frührenaissance
                      inspirieren. In groß-formatigen Kartons, die als
                      Entwürfe für Fresken dienten und nur wenige Jahre
                      vor der Er-öffnung der Kunsthalle erworben wurden,
                      widmeten sich Künstler, unter ihnen Julius Schnorr
                      von Carolsfeld, literarischen Themen wie den großen
                      Epen des Ariost. Zugleich wandten sie sich verstärkt
                      christlichen Motiven zu und schufen verinnerlichte, tief
                      religiöse Kompositio-nen, die mit Werken von Marie
                      Ellenrieder und Johann Friedrich Overbeck beispielhaft
                      ver-treten sind.
 In den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts
                      veränderte sich der Blick auf die Natur. Die Aquarelle, Ölstudien
                      und Zeichnungen von Carl Blechen oder Ernst Fries spiegeln
                      die Auseinandersetzung mit der Vielfalt der Natur und die
                      Suche nach einer maleri-schen Umsetzung des südlichen
                      Lichtes. Dabei faszinierte ein knorriger Baumstamm ebenso
                      wie die Ruine eines antiken Tempels oder eine dramatische
                      Schlucht von Carl Blechen („Blick auf das Kloster
                      Santa Scolastica bei Subiaco“, 1832). Mit Bleistift,
                      in Aquarell oder auch in Öl werden die Eindrücke
                      unmittelbar vor dem Motiv festgehalten. Derartige Studien – beispielsweise
                      auf Capri – werden für Ernst Fries ebenso wie
                      für seinen französischen Kol-legen Camille Corot,
                      dem er in Italien begegnete, zum Ausgangspunkt späterer,
                      nach der Rückkehr entstandener Werke.  Von besonderem Interesse für die reisenden Künstler
                      war immer wieder auch der Blick auf das ländliche
                      Leben. Häufig idealisierten sie es als sorgenfreies
                      geselliges Dasein unter süd-licher Sonne. Während
                      viele Künstler das Anekdotische in solchen Darstellungen
                      suchten, gestaltete ein so herausragender Porträtist
                      wie Franz Xaver Winterhalter seine „Römische
                      Genreszene“ (1833) als ein Sinnbild von Schönheit
                      und Jugend. Der Spätromantiker Anselm Feuerbach idealisierte
                      seine Lebensgefährtin Nanna Risi 1861 in einem Bildnis
                      zu einer anti-kisch anmutenden Gestalt.  Ihre Fortsetzung findet die Landschaftstradition in den
                      Werken Johann Wilhelm Schirmers, der 1839/40 nach Italien
                      reiste. Auf der Suche nach Motiven zeichnete und malte
                      er im Frei-en. Dabei geben seine Arbeiten nicht immer einen
                      spontanen Natureindruck wieder. Viele seiner Ölstudien
                      komponierte er sorgfältig und überarbeitete sie
                      zum Teil mehrfach. Schir-mer, der erster Direktor der Karlsruher
                      Akademie wurde, prägte als Lehrer mit seiner Italien-begeisterung
                      die nachfolgende Künstlergeneration entscheidend.  Zu seinen Schülern – damals noch an der Düsseldorfer
                      Akademie – gehörte nicht zuletzt Arnold Böcklin,
                      für den Italien zur werkbestimmenden Inspirationsquelle
                      und wiederholt zum Lebensmittelpunkt wurde. Für die
                      jüngere Künstlergeneration, zu der Emil Lugo
                      und Edmund Kanoldt zählten, blieb die Landschaftsmalerei
                      der vorangegangenen Jahrzehnte vorbildlich.  Ein eigener Raum ist den Karlsruher Architekten gewidmet,
                      die nach Italien reisten und dort nicht nur die Bauwerke
                      skizzierten, sondern auch malerische Ansichten schufen.
                      Die Spann-breite reicht von Friedrich Weinbrenner, der
                      das Stadtbild Karlsruhes um 1800 mit seinen Bauten wesentlich
                      bestimmte, bis hin zu Josef Durm, dessen Formensprache
                      sich nicht mehr an der klaren Strenge der Antike orientierte,
                      sondern durch die überbordende Dekora-tionsfülle
                      des Manierismus beeinflusst wurde.  Die Karlsruher Ausstellung schöpft aus einem Fundus,
                      der bereits vom badischen Fürsten-haus angelegt wurde.
                      Vor allem Großherzog Leopold, der Italien als junger
                      Mann auf seiner „Grand Tour“ gründlich
                      kennengelernt hatte, förderte Künstler, vergab
                      Reisestipendien und erwarb italienische Ansichten. Als
                      Bauherr der Kunsthalle in Karlsruhe wählte Leopold
                      mit Heinrich Hübsch einen Architekten, dessen Stil
                      auf klassische Vorbilder der italienischen Baukunst referierte.
                      Das Gebäude bildet somit einen idealen Rahmen für
                      eine Ausstellung, in der der Italiensehnsucht jener Zeit nachgespürt
                      wird.
 Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen
                      von Werner Busch, Regine Hess, Sieg-mar Holsten, Holger
                      Jacob-Friesen, Astrid Reuter, Steffi Roettgen, Dorit Schäfer, F. Carlo Schmid, Ulrich Maximilian Schumann und Kathrin
                      Wranek. Rund 330 Seiten mit zahlreichen, zumeist farbigen
                      Abbildungen.
 Das umfangreiche Begleitprogramm zur Ausstellung bietet
                      einen „Italienischen Sonntag“ mit einem Angebot
                      für die ganze Familie, eine Fülle von Fachvorträgen,
                      Lesungen mit Ingo Schulze und Klaus Wagenbach in Zusammenarbeit
                      mit der Literarischen Gesellschaft und der Stephanus-Buchhandlung,
                      zwei Konzerte sowie ein Filmprogramm der Kinemathek. 
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