| Das wissenschaftlich anspruchsvolle Ausstellungsprojekt 
                      "Rom und die Barbaren" soll die politischen, sozialen, kulturellen 
                      und religiösen Prozesse thematisieren, welche vom 5. bis 
                      zum 7. nachchristlichen Jahrhundert die Entstehung einer 
                      neuen römisch-barbarischen Kultur im Okzident sowie zur 
                      Ethnogenese zahlreicher Völkerschaften (z.B. Goten und Gepiden) 
                      in dem weiten geographischen Raum von der Ostsee bis zum 
                      Schwarzen Meer zur Folge hatten. Die Wechselwirkung all 
                      dieser Faktoren führte schließlich zur Etablierung neuartiger 
                      historischer Gebilde und damit zu den Ursprüngen des mittelalterlichen 
                      Europa.
                      Die 
                      tief greifende Krise der hellenistisch-römischen Welt im 
                      3. nachchristlichen Jahrhundert bildet den Auslöser für 
                      die gewaltigen Migrationsströme und den mit ihnen einhergehenden 
                      Transfer von Ideen und Gütern. Doch den eigentlichen Beginn 
                      der germanischen Völkerwanderung markiert die Zerstörung 
                      der gotischen Herrschaftsbildungen am Schwarzen Meer und 
                      an der Unteren Donau durch Hunnen und Alanen in den 360er 
                      und 370er Jahren. Im Anschluss daran ersuchen gotische Gruppen 
                      um Aufnahme und Ansiedlungsrecht im Römischen Reich. Die 
                      Aufnahme zahlenmäßig starker, unter eigenen Anführern stehender 
                      Verbände wird sich in den nächsten 150 Jahren in den europäischen 
                      Provinzen des Römischen Reiches noch oft wiederholen. Dieser 
                      Umstand führt - in Verbindung mit Plünderungszügen, die 
                      den außerhalb der Reichsgrenze siedelnden Gruppen zur Gewinnung 
                      von Lebensmitteln und Menschen dienen - zu einer nachhaltigen 
                      Schwächung des Imperiums. Dies ermöglicht die Gründung germanischer 
                      Reiche innerhalb der Grenzen des Imperium Romanum und dessen 
                      Transformation in neue, das frühmittelalterliche Europa 
                      prägende, Herrschaftsräume und -strukturen.
 Die Ausstellung 
                      thematisiert vor allem die kulturellen Veränderungen im 
                      4. und 5. Jahrhundert an der Rheinlinie und innerhalb des 
                      Karpatenbeckens sowie der östlich angrenzenden Regionen. 
                      Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die großräumige 
                      Mobilität heterogener Verbände (nicht Abstammungsgruppen), 
                      die erstaunlich weitreichende Vernetzung der Eliten im Barbaricum, 
                      die soziale Dynamik (Auf- und Abstieg auch vermögender Personen), 
                      die unterschiedlichen Organisationsformen der jeweiligen 
                      Gruppen, die wechselnden Identitäten und Loyalitäten, die 
                      Instabilität der Verbände und die Integrationsbemühungen 
                      seitens des Imperiums. Dabei soll herausgestellt werden, 
                      dass die Barbaren nicht an einer Eroberung des Römischen 
                      Reiches interessiert waren, sondern vielmehr an dessen Wohlstand 
                      und sozialer Mobilität teil haben wollten. Als Präludium 
                      dient die Reichskrise des 3. Jahrhunderts, die u.a. durch 
                      die zahlreichen Angriffe von Barbaren an allen Fronten des 
                      Römischen Reiches gekennzeichnet ist. Gleichzeitig bilden 
                      sich außerhalb des Barbaricums neue Gruppen (Ethnogenese 
                      der Franken, Alamannen, Burgunden, Goten etc.), die in der 
                      Folgezeit zu den wichtigsten Gegenspielern der Römer werden 
                      sollten. Den Auftakt des Rundgangs bildet die Vorstellung 
                      der Hauptakteure - der Römer, der Goten sowie der reiternomadischen 
                      Gruppen - die an der Unteren Donau gewaltsam auf einander 
                      treffen. Bei der Präsentation der gotischen Gruppen gilt 
                      es, ihre Herkunft aus dem Weichselmündungsraum und die Etappen 
                      ihrer Wanderung über Wolhynien in die Region zwischen Dnjepr 
                      und Dnjestr zu verdeutlichen. Die historische Bedeutung 
                      der reiternomadischen Steppenvölker, insbesondere die Hunnen, 
                      soll vor allem durch die beispiellose militärische Machtentfaltung 
                      in einem riesigen Gebiet zwischen Asien und Europa veranschaulicht 
                      werden. Diesen durchaus heterogenen barbarischen Machtgebilden 
                      soll in diesem Ausstellungsteil die Organisation, Verwaltung 
                      und Heeresstruktur des Römischen Reiches gegenübergestellt 
                      werden. Den zweiten Hauptabschnitt nimmt die Zeit des Hunnenreiches 
                      im Karpatenbecken von ca. 406 bis 454 ein. Die Lebensumstände 
                      in diesem Raum vor dem Einfall der Barbarengruppen dienen 
                      als Folie für die veränderte Situation im Zuge der stattfindenden 
                      Konfrontation. Zum einen werden in den pannonischen Provinzen 
                      Barbarengruppen als Verbündete angesiedelt. Dabei wirken 
                      das Militär, die Lebensformen und zum Teil die Kirche integrierend 
                      und es zu einer gewissen Symbiose der einheimischen romanischen 
                      Bevölkerung mit den Neuankömmlingen kommt. Außerhalb der 
                      Provinzen befindet sich das Herrschaftszentrum der Hunnen, 
                      welche unter ihrem charismatischen Anführer Attila von Raub, 
                      Krieg, Erpressung und Tributzahlungen leben. Der Bericht 
                      des römischen Gesandten Priskos zeichnet ein sehr lebendiges 
                      Bild vom Leben der Hunnen und von der Zusammensetzung der 
                      polyethnischen und polyglotten Gefolgschaft Attilas. Nach 
                      mehreren Misserfolgen in der Mitte des 5. Jahrhunderts 
                      zerfällt dieses System außerordentlich schnell. Hunnen und 
                      auch gotische Gruppen ziehen sich in den Schwarzmeerraum 
                      sowie in das Kaukasusvorland zurück, was sich anhand schriftlicher 
                      und archäologischer Quellen hervorragend belegen lässt. Nach 
                      dem Zerfall des Hunnenreiches taucht im Karpatenbecken wieder 
                      eine ganze Reihe kleinerer Verbände auf, von denen aber 
                      nur die Ostgoten und Gepiden zu einer Reichsbildung fähig 
                      sind. Archäologisch lässt sich dies als relativ uniformer 
                      donauländisch-ostgermanischer Formenkreis umschreiben, den 
                      Höhepunkt stellt die Herrschaft Theoderichs des Großen (bis 
                      526) über Italien und die pannonischen Provinzen (heute 
                      Ungarn) dar.
                     Den dritten Ausstellungsschwerpunkt bildet die römische 
                      Rückeroberung der von Germanen besiedelten Gebiete innerhalb 
                      des Imperiums unter der Regentschaft Justinians 527-565, 
                      die aber mit dem Vordringen der Awaren in das Karpatenbecken 
                      und der Wanderung der Langobarden nach Italien 568 wieder 
                      und endgültig verloren gehen. Die Entstehung der frühmittelalterlichen 
                      Reiche und die Herausbildung neuer christlicher Kultur bildet 
                      den Epilog dieser komplexen Schau.
                     Bild: Adlerförmige Sattelbeschläge, 5. Jahrhundert Gepidisches 
                      Fürstengrab, Apahida, Rumänien Gold, Zellwerk mit Almandinen (L: 11,6 cm)
 © Muzeul National de Istorie a Romåniei, Bukarest/Rumänien
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