|  Vor allem 
                aber das breite inhaltliche Spektrum, das dem Modeverständnis 
                des 18. Jahrhunderts entsprechend in unterhaltsamer wie belehrender 
                Form über Mode, Theater und Musik, Politik, Einrichtung und Gartenarchitektur 
                sowie Sittenberichtete, verhalf dem Journal zu seiner Popularität. Klatsch, 
                Gesellschaftsnachrichten und Illustrationen ergänzten diese Informationen. 
                Als Beilage waren jeder Ausgabe sogenannte Intelligenzblätter 
                (von engl. intelligence = Nachrichten) beigefügt, in denen amtliche 
                Bekanntmachungen, Nachrichten und Berichte für Handel, Handwerk 
                und Landwirtschaft sowie gewerbliche und private Anzeigen zu finden 
                waren. Jeder Band umfasste ebenfalls drei zum Teil kolorierte 
                Kupferstiche, für die der Mitherausgeber Georg Melchior Kraus 
                verantwortlich zeichnete. Diese sogenannten Modekupfer spiegelten 
                einerseits die neuesten Modetendenzen wider, präsentierten andererseits 
                aber auch Einrichtungsgegenstände.
 Im Besitz der Textilsammlung Max Berk o Kurpfälzisches Museum 
                befinden sich 16 Bände
 dieses kostbaren Journals aus den Jahren 1789 bis 1791, einer 
                der bewegtesten Epochen der europäischen Geschichte, der Französischen 
                Revolution. Zwar ist in diesen Anfangsjahren der Zeitschrift noch 
                ein hoher Anteil an klassischen Modebeiträgen zu verzeichnen, 
                die im Laufe des Erscheinens zugunsten literarischer Schwerpunkte 
                und regionaler Meldungen in den Hintergrund traten. Dennoch sind 
                gerade in der Rubrik "Moden-Neuigkeiten", vorwiegend unterteilt 
                in England, Frankreich und Deutschland, sehr viele Informationen 
                zu den politischen und sozialen Entwicklungen zu finden:
 "Paris, den 29sten Julius 1789. B
 y den stürmischen und blutigen Auftritten, die wir hier seit 14 
                Tagen erlebt haben, ruht alles was Geist der Mode heißt... Die 
                Trauer über den Todt des Dauphins, die den vorigen Monat für Modesüchtler 
                so trocken machte, ist also in diesen Monat durch die große politische 
                Gäh-rung ersezt... Und in weniger als zwey Stunden, waren die 
                schwarzen Fracks, und Karako's alle verschwunden, und an allen 
                Hüthen flatterten grüne Kokarden, die aber, weil dies die Farbe 
                des Grafen von Artois war, den ändern Tag mit hellblau, rosa und 
                weiß vertauscht wurden..." (September 1789, S. 399)
 "Paris, den 10ten August 1789. Das erste und neueste Opfer, das 
                die Göttin Mode der Natio-nal-Freyheit gebracht hat, ist ein neuer 
                National-Freyheits-Fächer, den seit gestern eine hiesige spekulirende 
                Fächer-Fabrick geliefert, und wie man mich versichert schon ihren 
                ganzen Vorrath davon verkauft hat. Er ist, wie Sie leicht denken 
                können aus den drey neuen National-Farben, blau, roth und weiß 
                komponirt, und recht artig erfunden..." (September 1789, S. 403)
 "Paris, den SOsten August 1789. Es ist kaum glaublich was für 
                eine totale Veränderung in den Grundsätzen und dem Wesen der sonst 
                so frivolen Pariser vorgegangen ist. Ein Beweis davon, kann der 
                Umstand seyn, daß ich seit der Eroberung der Bastille, keine neue 
                Frisur, keinen neuen Huth, kein neues Bonnet ... bemerkt habe. 
                Man glaubt sich von Grunde aus geputzt, wenn man die National-Kokarde 
                am Huthe, vor der Brust, oder am Bonnet trägt... Die Modenhändler 
                sind ihrem Ruine nahe, und die Putzmacherinnen mischen sich schon 
                unter die Filles des Palais-Royal unter denen sie leicht
 zu erkennen sind; dies ist eine große Erniedrigung für sie, denn 
                bis jezt rangirten sie gleich nach den Entretenues und sie hatten 
                unter den Kreaturen, die keine Ehre mehr haben, immer noch einen 
                ehrlichen Platz..." (October 1789, S. 445 - 448)
 "Paris, den 10ten Septemb. 1789... Unsere speculirenden Nippes-Fabrikanten 
                haben aus den grauen Mauersteinen der niedergerißnen Bastille, 
                Ringsteine und dergleichen schleifen und als Juwelen faßen lassen, 
                und so trägt man jezt Ringe und Ohrenringe ä la Liberte nationale; 
                Rockknöpfe, Fächer und Dosen ä la Bastille..." (October 1789, 
                S. 453)
 Aber natürlich sind die Berichterstattungen im Journal des Luxus 
                und der Moden vor allem für Kostümhistoriker von unschätzbarem 
                Interesse, denn sie spiegeln zum einen allgemeine Tendenzen wie 
                die zunehmende Einflussnahme der englischen Mode im späten 18. 
                Jahrhundert wider. Zum anderen benamen sie aktuelle und kurzlebige 
                Trends, ohne deren Beschreibung und Bebilderung durch Modekupfer 
                wir heute nur eine höchst unvollständige Vorstellung von der Vielfalt 
                der Mode des 18. Jahrhunderts hätten. Dies war schon einem der 
                Berichterstatter bewusst, der nach einer Auflistung von Artikeln 
                (so z.B. einer Robe ä la Reunion, einem Caraco au Lutin, einer 
                Chemise ä la Maroquaine, einem Redingote ä la Maure, einer Robe 
                ä ('Amazone u.v.m.) aus dem Kleider-Magazin von Mme. Teillard 
                im Palais Royal schreibt:
 "Ein trefflicher Beytrag zu einem Dictionnaire de Mode, das zu 
                sammlen mir schon oft eingefallen ist; denn es ist doch auffallend, 
                daß fast täglich und monatlich neue Worte, Benennungen und Redensarten 
                entstehen, eine Weile circuliren und allgemein verstanden werden, 
                dann wieder wie Metoren verschwinden, und von denen vielleicht 
                in fünfzig Jahren schon der gelehrteste Sprachforscher den verlohrnen 
                Sinn und die wahre Bedeutung, wenn sie ihm irgendwo vorkommen, 
                schlechterdings nicht mehr wird auffinden können, wenn sie nicht 
                irgendwo in ein Moden-ldioticon gesammlet werden..." (Julius 1789, 
                S. 315f.)
 Text 
                u. Bild: Kristine Scherer 
             |