| Die Gestaltung 
                legt nahe, dass es sich um Teile einer Gliederpuppe handelt, deren 
                ursprüngliche Höhe etwa 18 cm betrug. Die Gliedmaßen waren in 
                den nicht erhaltenen Schulterpartien durchlocht und mit Fäden 
                oder Metallstiften beweglich am Rumpf befestigt. Physiognomie 
                und Haartracht zeigen die Merkmale des knabenhaften Liebesgottes 
                Amor, der dem griechischen Eros entspricht und oft als Begleiter 
                seiner Mutter Venus (Aphrodite) gezeigt wird. Anthropologen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg analysierten 
                die Knochenreste aus dem Heidelberger Grab und kamen zu dem Ergebnis, 
                dass es sich bei der bestatteten Person um ein vier- bis sechsjähriges 
                Kind handelt, dessen Geschlecht nicht mehr festgestellt werden 
                konnte. Gemäß dem vorherrschenden Brauch der Zeit war der Leichnam 
                auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Die Eltern hatten dort 
                nicht nur das Lieblingsspielzeug platziert, sondern auch eine 
                große Anzahl üblicher Beigaben, darunter Öllampen, Weihrauchkelche, 
                Glasfläschchen, ein beinernes Döschen, ein Bronzegefäß sowie eine 
                Holzschatulle mit Bronzebeschlägen und einem Griff in Vogelgestalt. 
                Was nach der Einäscherung übrig blieb, wurde in der Grabgrube 
                deponiert und mit Erde bedeckt. Die Beigaben datieren in die erste 
                Hälfte des 2. Jahrhunderts und geben somit einen Anhaltspunkt 
                für den Zeitpunkt der Bestattung.
 Es ist ein Glücksfall, dass das Feuer die Figur nicht völlig zerstörte, 
                denn von römischen Gliederpuppen sind nur äußerst wenige Exemplare 
                erhalten.
 Der vorgestellte Fund gehört zu den besonderen Überraschungen, 
                die nun im Laufe der Bearbeitung der Fundkomplexe aus dem "Neuenheimer 
                Feld" ans Licht treten.
 Text: 
                Andreas Hensen 
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