|  Ein exquisiter Pokal der Heidelberger Steinhauer- bzw. Maurerzunft
                ist aktuelles Kunstwerk des Monats. Der Deckelpokal zeigt flach
                herausgetriebene Buckel und ist mit diversen silbernen Anhängern
                versehen ist. Die Anhänger sind zu einem großen Teil
                in Form von Werkzeugen gestaltet. Sie tragen gravierte Widmungsinschriften
                von Mitgliedern der Handwerksvereinigung mit Angabe des Stiftungsjahrs.
                Die Stiftung eines silbernen Pokalanhängers bot die Möglichkeit,
                dauerhaft an Personen oder Ereignisse, die in Zusammenhang mit
                der Zunft standen, zu erinnern. Der älteste Anhänger
                verweist auf das Jahr 1700, der jüngste auf 1860. Zweimal
                wird inschriftlich der Handwerksmeister Adam Breunig genannt – in
                der 1700 datierten Umschrift der Lippe und auf einem Anhänger
                von 1719. Folgt man der Zuschreibung von Karl Lohmeyer, so handelt
                es sich bei dem Genannten um den Erbauer des Palais Morass, das
                seit 1908 die Sammlung des Kurpfälzischen Museums beherbergt.
                Insgesamt haben sich nur sehr wenige Goldschmiedearbeiten, die
                sich nachweislich im Besitz von Heidelberger Zünften bzw.
                Handwerksvereinigungen befanden, erhalten: die Pokale der Bäcker
                von 1724, der Bäckergesellen von 1706 und der Bierbrauer
                von 1735.
 Die Herstellung solcher Pokale erforderte vom Silberschmied
                diverse technische Fertigkeiten. Cuppa, Fuß und Deckel
                wurden jeweils aus einem massiven Silberblech gearbeitet. Der
                Handwerker formte mit Hilfe von Hammer und Amboss durch Auswölben
                und Einziehen des Bleches den gewünschten Hohlkörper,
                wobei die dabei auftretenden Falten im Silberblech immer wieder
                bearbeitet werden mussten. Silber wird durch die Bearbeitung
                spröde und brüchig; nur durch regelmäßiges
                Durchglühen des Werkstücks wird die erforderliche Weichheit
                erreicht. Auch das „Ausbereiten“ der Goldschmiedearbeit,
                die abschließenden Arbeitsgänge des Weißsiedens,
                das eine besondere Silberoberfläche erzielt, und des Polierens überließ man
                nicht selten spezialisierten Meistern.Die Vergoldung schließlich wurde erst vorgenommen, nachdem
                das Werkstück beschaut, d.h. amtlich auf den vorgeschriebenen
                Feingehalt hin untersucht worden war. Das Silber wird durch die
                Vergoldung nicht nur optisch veredelt, sondern auch vor dem Anlaufen
                geschützt. Der Arbeitsgang war nicht ungefährlich,
                wurde die sogenannte Feuervergoldung doch aufgebracht, indem
                man eine aus Gold und hochgiftigem Quecksilber gemischte Paste
                auf der Oberfläche auftrug und danach das Quecksilber über
                dem Feuer verdampfen ließ. Zurück blieb die hauchdünne
                Goldschicht, für die ein zartgelber Ton kennzeichnend ist.
 Heidelberger Goldschmiedearbeiten im Allgemeinen und Zunftpokale
                im Besonderen sind seltene Zeugnisse der städtischen Handwerksgeschichte.
                Ein Ausstellungsprojekt des Kurpfälzischen Museums wird
                sich neben der Geschichte des architektonischen Wiederaufbaus
                nach 1689/1693 auch mit dem städtischen Leben und der Handwerkskultur
                in der Zeit um 1700 befassen. Die Ausstellung mit dem Titel „Heidelberg
                im Barock“ soll vom 15. März bis 21. Juni 2009 im
                Kurpfälzischen Museum gezeigt werden. Der Pokal bietet hierauf
                schon eine kleine Vorausschau.  Karin Tebbe
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