|   "Ich komme ganz und gar von der Farbe, habe mir in vielen Jahren 
                Malerei meinen eigenen Umgang mit der Farbe erarbeitet. Bei der 
                Farbe ist man auf die Kraft des Augenblicks angewiesen." (S.K., 
                1988) "Alles wird durch die Farbe erklärt." (S.K., 1996)
 Auf 
                Sigrid Kopfermanns 1969 gemaltem Bild strömt dem Betrachter diese 
                Farbe in unzähligen Pinselschlägen entgegen, kleine und größere 
                Farbflecken überziehen die fast quadratische Leinwand. Die "Kraft 
                des Augenblicks" ist in den Pinselspuren, der Steigerung vom stumpfen 
                Pinselwischer zur gesättigten, stofflichen Paste sichtbar geworden 
                Der Bildgrund leuchtet im Dreiklang der Grundfarben, ein leuchtendes 
                Rot, vom Zinnober- ins Karminrot changierend, ein helles Kadmiumgelb, 
                ins Orangefarbene und Weißliche variierend, helles Ultramarinblau. Pure 
                Augenlust , sinnliches Vergnügen an der Farbe teilt sich dem Betrachter 
                mit, war der Malerin selbst Stimulanz: Das Aufleuchten der reinen 
                Farbe im getrübtem Umfeld kleiner und kleinster Farbflecken von 
                bräunlichem Weiß und Spuren der Komplementärfarben Grün und Blauviolett; 
                nicht recht lokalisierbar ist die Quelle dieser Farbströme, aus 
                der Bildmitte, vom rechten oberen Bildrand nach unten, über die 
                Bildränder hinweg, springen große und kleine Farbgruppen. Sigrid 
                Kopfermann besetzt ihr Format gleichsam mehrstimmig, in dem die 
                Grundfarben als "Solisten" hervortreten. Die Malerin bearbeitet 
                ihre Themen als Serien. Auch "Strömungen" von 1969 ist innerhalb 
                einer Bildreihe entstanden, keines der Bilder nimmt dabei einen 
                festen Platz in der Serie ein. "Ich schiebe mich von Bild zu Bild 
                voran..." beschreibt sie ihre Arbeitsweise. Ein "vom Grund her" 
                kommendes, sich ausbreitende Farbwissen prägt den Malvorgang. Die 
                Impressionisten hatten entdeckt, wie Farbe als Erscheinungsweise 
                des Lichts mit Hilfe divisionistischer Farbsetzung und optischer 
                Farbmischung malerisch umzusetzen war und im Bezug zum Gegenstand 
                eine nie zuvor dagewesene Selbständigkeit gewinnen konnte. Die 
                Künstler forschten nach neuen Grundprinzipien und Gesetzmäßigkeiten. 
                Bereits 1798 mutmaßte Goethe :" Vielleicht bestätigt sich die 
                Vermutung, dass die farbigen Natureinwirkungen so gut als die 
                magnetischen und elektrischen auf einer Dualität, einer Polarität, 
                oder wie man Erscheinungen dieser Art nennen mag, beruhen." Dieses 
                Wissen äußert sich bei der zeitgenössischen Malerin in der Erkenntnis, 
                dass es keine Definition von Farbe an sich gibt, Farbmischungen 
                entstehen aus vielfältigen Formen der Interaktion, Farbe lebt, 
                gewinnt Ausdruck auch aus dem jeweiligen Umfeld. S. Kopfermann 
                will die Farbe so setzen, dass "sie stimmt, dass sie funktioniert 
                wie ein lebendiges Gefüge." (S.K.1983) Das Gemälde wurde 1972 
                im Kabinett Hanna Grisebach vom Freundeskreis des Museums für 
                das Kurpfälzische Museum erworben und ist in der hellen Gemäldegalerie 
                zu betrachten. 
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