| Diese 
                Form behält das bürgerliche Schreibmöbel während des gesamten 
                18. Jahrhunderts bei, wie wir es an einem Exemplar des Roentgenschülers 
                Johann Michael Rummer aus dem letzten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts 
                sehen können (Solitaireraum).
 Im 19. Jahrhundert wandelt sich der Schreibschrank zum "Secretaire 
                ä abattant", dem geraden Kastenmöbel mit herunterklappbarer Schreibfläche.
 Heidelberg war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine 
                bedeutungslose Stadt. Der Hof residierte in Mannheim, ab 1779 
                in München, die Universität wurde kaum noch von Studenten besucht, 
                da die Professoren eine engstirnige, bigotte und wissenschaftsfeindliche 
                Haltung im strengen Sinn der Rekatholisierung des Landes eingenommen 
                hatten. Das Handwerk war völlig auf den bürgerlichen Abnehmerkreis 
                eingestellt, neuartige Ornamentik und modische Accessoires wurden 
                abgelehnt.
 Es ist völlig undenkbar, dass in diesem Umfeld ein solch hochmodernes 
                Möbel Pariser Form entstehen konnte. Der Auftraggeber war der 
                einflussreiche Graf Oberndorff, Statthalter des Kurfürsten und 
                als solcher dem Mannheimer Kulturkreis verpflichtet.
 Der Hersteller des Möbels verfügte jedoch nicht über eine direkte 
                Anschauung, sondern ausschließlich über Kupferstichvorlagen eines 
                französischen Vorbildes. So kommt es, dass das Oberteil zu massig 
                für die zierlichen Beine geriet und die Schweifungen und Bauchungen 
                zu stark aus der heimischen Tradition entwickelt wurden.
 
  
                Carl Ludwig Fuchs 
 
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