|  Über 
                      die Jahrhunderte weg behielten den Bewohnern der Gegend 
                      das Bewusstsein von der Existenz von "etwas Altem" unmittelbar 
                      neben dem Schloss der Johanniter in Heitersheim, und das 
                      häufige Vorkommen von römischen Ziegeln und Keramikscherben 
                      gab der Flur den Namen "Scherbenacker". Erste Mauerzüge 
                      wurden 1811 von Chr. L. Fecht beschrieben und mit denen 
                      von Badenweiler verglichen. Als Ort römischer Besiedlung 
                      wurde die Stelle dann in der Literatur des 19. und der ersten 
                      Hälfte des 20. Jahrhunderts geführt, bis 1975 eine erste 
                      Grabung, 1989 schließlich Luftbilder die Existenz einer 
                      ganzen Villenanlage erwiesen. In den seither durchgeführten Grabungskampagnen wurde innerhalb 
                      eines langrechteckigen ummauerten Areals von 5,5 ha eine 
                      Großvilla mit abgeteiltem herrschaftlichem Wohnsitz, eine 
                      sog. villa urbana, und einem eigenen Wirtschaftshof (pars 
                      rustica) aufgedeckt. Anlagen dieses Typs waren bisher nur 
                      aus dem Moselraum, aus Zentralfrankreich oder der Schweiz 
                      bekannt. Art und Struktur der vilal urbana unterscheiden 
                      sich deutlich von der Masse der einfachen Landgüter, den 
                      villae rusticae, auch der anspruchsvolleren unter ihnen, 
                      die in römischer Zeit die Grundlage der bäuerlichen Siedlung 
                      bildeten.
 Die Villa urbana entsprach in ihrem Aufbau den klassischen 
                      italischen Villen. Der Besucher betrat die Anlage durch 
                      einen großen Portikus, von dem er geradeaus in das innen 
                      liegende Peristyl, nach links in die Repräsentationsräume 
                      mit dem Triclinium und rechts in die privaten Räume des 
                      Hausherrn gelangte. Hinter dem Südflügel lag das beheizbare 
                      Badehaus, im Norden der Anlage ein über einen langen Säulengang 
                      erreichbare Vorratshaus. Das Badehaus wurde ergänzt durch 
                      eine säulenumstandene Palästra.
 Der Wirtschaftshof ist heute zum größten Teil vom Johanniterschloss 
                      überbaut und stellte den Typ eines Achsenhofs dar, dessen 
                      Gebäude - zunächst vor allem Wohngebäude der Bediensteten 
                      - entlang der Langseiten aufgereiht waren. In der Nordwestecke 
                      wurden zwei Öfen für die Herstellung von Keramik oder Eisen 
                      gefunden, was auf eine weit gespannte Tätigkeit des Besitzers 
                      schließen lässt.
 Die Villa wuchs ab den 20er Jahren des ersten nachchristlichen 
                      Jahrhunderts - was sie zum ältesten Bau in Südwestdeutschland 
                      macht - aus einem einfachen zweiflügligen Holzfachwerkbau, 
                      der zu Beginn des 3. Jahrhunderts durch ein Steingebäude 
                      ersetzt wurde. Betrug die Fläche der ältesten Phase mit 
                      Innenhof 750 qm, waren es jetz bereits 1500 qm. Um 180 n. 
                      Chr. erreichte die Villa dann mit 3000 qm Fläche ihren letzten 
                      Ausbaustand.
 Die Abfolge von Bauzuständen lässt darauf schließen, dass 
                      die villa als landwirtschaftliches Unternehmen nicht unerhebliche 
                      Gewinne abwarf, zumal der separate Speicherbau im herrschaftlichen 
                      Bereich beim letzten Umbau in seiner Fläche fast verdoppelt 
                      wurde.
 Neben den schon "klassischen" Funden wie römischen Münzen 
                      und Terra-Sigillata-Bruchstücken, die eine zeitliche Einordnung 
                      ermöglichen, fanden sich bei den Ausgrabungen vor allem 
                      Gegenstände des täglichen Gebrauchs, neben den Bruchstücken 
                      von Kochtöpfen, Gläsern, auch Haushaltsgeräte wie Lampen 
                      und Schlüssel, sowie persönlicher Besitz, etwa Gewandspangen 
                      sogenannte "Fibeln". Darüberhinaus belegen über 10000 Mosaiksteine, 
                      Fragmente von importierten marmornen Wand- und Fußbodenbelägen 
                      und vielfarbig bemalter Wandverputz das außergewöhnlichen 
                      Ausstattungsniveau der römischen Villa von Heitersheim.
 Der Charakter der Villa urbana entspricht in seinem Wirtschaftsteil 
                      natürlich den Grundzügen der profitorientierten römischen 
                      Landwirtschaft, in senem herrschaftlichen Teil aber auch 
                      den Forderungen der antiken Schriftsteller nach einem komfortablem 
                      Leben in der Natur - wie es dann, auf antiken Vorbildern 
                      beruhend, die Renaissancevilla wieder propagiert.
 |