| Die Nachwelt zeichnet meist ein düsteres Bild des
                      Feldherrn und Herzogs von Friedland, nennt ihn skrupellosen
                      Kriegsunternehmer, reich gewordenen Fürsten, mitunter
                      gar Verräter. Albrecht von Wallenstein (1583–1634),
                      dessen eigentlicher Familienname Waldstein war, gilt vielen
                    als die wahre Bestie des Dreißigjährigen Krieges. Geboren im böhmischen Hermanitz (Hermanice), erhielt
                      er eine fundierte Ausbildung, lernte schnell und war ehrgeizig.
                      Aus Karrieregründen konvertierte der Protestant zum
                      katholischen Glauben, heiratete reich und stieg in kaiserlich-militärischen
                      Diensten auf. Seinen erworbenen Besitz vermehrte er. Zu
                      Beginn des Dreißigjährigen Krieges, als die
                      Böhmen gegen ihren König und gleichzeitigen Kaiser
                      aus der Familie der Habsburger rebellierten, stand Albrecht
                      auf der siegreichen Seite Ferdinands II. und profitierte
                      davon. „Unter jenen, die gewannen, war Albrecht Wallenstein
                      der bei weitem Erfolgreichste“, schrieb Golo Mann über
                      den neuen Herzog vom Friedland. Wallenstein wurde noch
                      reicher, stellte 1625 auf eigene Kosten für seinen
                      Kaiser Ferdinand II. ein großes Heer auf und schlug
                      seine erste eigene Schlacht erfolgreich an der Dessauer
                      Brücke. Der große Feldherr war da – daran änderte
                      auch die erfolglose Belagerung Stralsunds nichts. Wallenstein
                      wurde für seine Feldzüge, die nach Jahrhunderten
                      wieder kaiserliche Macht nach Norddeutschland brachten,
                      sogar mit neuen Titeln und Herrschaften belohnt: Herzog
                      von Mecklenburg, damit endlich Reichsfürst, und Admiral
                      des ozeanischen und baltischen Meeres, wenngleich seine
                      Flottenbaupläne scheiterten.  Schloss Lützen. © Museum Schloss Lützen
 Er wurde manchem zu mächtig und der Kaiser entließ ihn
                      als Generalissimus. Aber er kam zurück, nachdem der
                      siegreiche schwedische König Gustav II. Adolf keinen
                      ebenbürtigen Rivalen auf deutschem Boden gefunden
                      hatte. Wallenstein stellte sich dem König bei Nürnberg
                      und wies ihn in die Schranken. Im Novembernebel 1632 fiel
                      Gustav II. Adolf bei Lützen. Damit kam Wallenstein
                      der Feind abhanden. Er verlor seine Legitimation als einzig
                      Helfender. Dieses Ereignis macht das Schlachtfeld bei Lützen
                      zu einem besonderen Ort. Es ist derzeit das einzige in
                      Deutschland unter Denkmalschutz stehende Schlachtfeld.
                      Mit den neuen Mitteln der Schlachtfeldarchäologie
                      forschen hier gemeinsam Wissenschaftler der sich einst
                      gegenüberstehenden Nationen. Der Verlauf einer Schlacht
                      ist nur aus der Kenntnis des Schlachtfeldes herzuleiten.
                      Mehr als 1.100.000 Quadratmeter wurden hier bereits mit
                      Metallsonden untersucht, ca. 3500 Fundstücke sind
                      direkt der Lützener Schlacht zuzuordnen und wurden
                      mittels GPS eingemessen und kartiert: eines der weltweit
                      größten Projekte dieser Art. Im August 2011
                      konnte durch eine Suchgrabung erstmals ein Massengrab der
                      blutigen Schlacht bei Lützen gefunden und geborgen
                      werden. Nach jenem 6./16. November 1632 schienen endlose
                      Schlachten und ein verlängerter Krieg dem großen
                      Feldherrn keine Ziele mehr zu sein. Zögerliches Handeln,
                      unverständliche Entscheidungen, eventuell sogar Verhandlungen
                      mit den gegnerischen Vertretern ließen Wallenstein
                      in den Augen seiner Widersacher am kaiserlichen Hof und
                      unter den rivalisierenden deutschen Fürsten zum Verräter
                      werden. Belege für seinen Verrat gibt es nicht. So
                      konstatierte Friedrich Schiller in seiner „Geschichte
                      des Dreissigjährigen Kriegs“: „Noch hat
                      sich das Dokument nicht gefunden, das uns die geheimen
                      Triebfedern seines Handelns mit historischer Zuverlässigkeit
                      aufdeckte, und unter seinen öffentlichen allgemein
                      beglaubigten Thaten ist keine, die nicht endlich aus einer
                      unschuldigen Quelle könnte geflossen seyn“.  Vom 24. März bis 29. Juli 2012 zeigt das Museum
                      Lützen eine Ausstellung rund um Albrecht von Wallenstein
                      und die Lützener Schlachtfeldarchäologie.  Bick in die Ausstellung. © Museum Schloss Lützen
  Die Vorbereitungen haben einige Jahre in Anspruch genommen.
                      Kontakte zu tschechischen Museen und Institutionen wurden
                      geknüpft. Die Stadt Lützen und die Schwedische
                      Lützen-Stiftung haben sich gemeinsam an ein erweitertes
                      internationales Ausstellungsprojekt gewagt. Nach der großen
                      Gustav-Adolf-Austellung von 2007 und dem reich bebilderten
                      Katalog zur wechselvollen Geschichte der Gustav-Adolf-Erinnerung
                      wollen wir nun die Aufmerksamkeit auf den kaiserlichen
                      Generalissimus Albrecht von Wallenstein richten, der ebenso
                      wie Gustav II. Adolf die Zeit des Dreißigjährigen
                      Krieges geprägt hat. Sie trafen einst in einer offenen Feldschlacht aufeinander
                      und keiner ging als Sieger hervor. Der König fiel – und
                      wurde als Märtyrer verehrt, Wallenstein überlebte – und
                      wurde bald als Verräter gescholten. Diesen einseitigen
                      Sichtweisen wollen wir entgegentreten. Mit der deutsch-tschechischen Ausstellung „Die blut’ge
                      Affair’ bei Lützen. Wallensteins Wende“ im
                      Jahre 2012 und mit diesem Buch sollen  sowohl das Phänomen
                      Wallenstein als auch die Kampfhandlungen jener Zeit beleuchtet
                      werden. Für diese Ausstellung und das vorliegende
                      Buch haben viele Museen, Bibliotheken und Archive, aber
                      auch
                      Privatpersonen
                      in Deutschland, in der Tschechischen Republik und auch
                      in der Schweiz in großzügiger Weise Leihgaben
                      und Abbildungen zur Verfügung gestellt.  Der aus Anlass der Lützener Ausstellung „Die
                      blut’ge Affair’ bei Lützen. Wallensteins
                      Wende“ im Jahre 2012 erschienene Band zur Ausstellung
                      versammelt aktuelle Aufsätze schwedischer, tschechischer
                      und deutscher Forscher, die sich sowohl mit dem Phänomen
                      Wallenstein als auch mit den Kampfhandlungen jener Zeit
                      beschäftigen. Er ist reich bebildert mit Fotografien
                    von Janos Stekovics. |