| Wo Steine die Herzen erweichen Figuren aus dem Rokokogarten in Veitshöchheim Zum 300. Geburtstag von Ferdinand Tietz (1708 - 1777)
 Neue Dauerausstellung im Mainfränkischen Museum Würzburg
 
                
                  |  Dudelsackbläserin
 Ferdinand Tietz und Werkstatt, 1765 – 1768
 aus der Mittelzone des Veitshöchheimer Gartens
 Foto: Rolf Nachbar
 Die beschwingt tanzende Musikantin spielt einen so genannten 
                      „Polnischen Bock“, einen Dudelsack in Form eines Widders. 
                      Ihre Kleidung zeigt höfische und volkstümliche Elemente. 
                      Die Musikantin wirkt wie eine als Schäferin kostümierte 
                      Dame. Die Figur steht auf ihrem Originalsockel. Dauerleihgabe der Bayerischen Verwaltung der staatlichen 
                      Schlösser, Gärten und Seen, seit 1927 im Mainfränkischen 
                      Museum Würzburg
 
 |  Für den Skulpturenschmuck des Hofgartens in Veitshöchheim engagierte 
                Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim den Bildhauer Ferdinand 
                Tietz. Dieser bevölkerte den Garten zwischen 1765 und 1768 mit 
                rund 280 steinernen Bildwerken, die das Rokoko von seiner heitersten 
                Seite zeigen.Seit 1927 wurden diese Originalskulpturen durch Kopien ersetzt. 
                32 von ihnen gelangten ins Mainfränkische Museum Würzburg. Ihre 
                ungeheuere Raffinesse zeigt das Können von Ferdinand Tietz auf 
                höchstem Niveau.
 Ferdinand Tietz wurde 1708 in Böhmen geboren, arbeitete in Wien, 
                Würzburg, Trier und Bamberg, wo er 1777 verstarb. Das Mainfränkische 
                Museum nimmt seinen 300. Geburtstag zum Anlass, die Veitshöchheimer 
                Skulpturen neu zu präsentieren. Heckenkulissen, helles Himmelslicht 
                und Seeansichten geben den Bildwerken ihr Gartenambiente zurück 
                und lassen den Museumsbesuch zu einem Ausflug ins Grüne werden.
 Der Skulpturenbestand im Mainfränkischen Museum und seine 
                Neuaufstellung 
               Seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts ersetzte man die Originalfiguren 
                im Veitshöchheimer Garten durch Kopien. Nach und nach gelangten 
                insgesamt 32 Skulpturen, 17 davon mit ihren Originalsockeln als 
                Dauerleihgabe der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, 
                Gärten und Seen in das Mainfränkische Museum Würzburg. Die zunächst 
                eher zufällige Auswahl an Figuren hat im Laufe der Zeit sinnvolle 
                Ergänzungen erfahren können, so dass im Mainfränkischen Museum 
                heute Ensembles aus allen für den Garten wichtigen Themenkreisen 
                zu sehen sind. 
               Dabei bietet die museale Aufstellung die Chance, die Figuren 
                nach Bildinhalten zu gruppieren, so dass der Betrachter nicht 
                wie im Garten die thematisch zugehörigen Darstellungen erst suchen 
                muss, sondern sie gleich benachbart findet. 
               Unmittelbarer ist auch die Begegnung mit den Originalen. Der 
                Museumsbesucher kann die Figuren aus nächster Nähe betrachten 
                und sich minutiös mit den gestalterischen Fähigkeiten und Fertigkeiten 
                von Ferdinand Tietz auseinander setzen. Nur sind alle Veitshöchheimer 
                Figuren niemals für eine solche Galerie-Aufstellung gearbeitet 
                worden. Als Gartenfiguren brauchen sie mehr wie jede andere skulpturale 
                Ausstattung ihr Ambiente, die Hecken als Kulissen, die Sichtachsen, 
                die sich weitenden und verengenden Ausblicke, Hinterschneidungen 
                und Staffelungen. Eine solche Gartenarchitektur kann im Museum natürlich nur angedeutet 
                und nicht realistisch nachvollzogen werden.
 Mit viel Geschick hat das Architekturbüro von Jacobs in Person 
                von Marina von Jacobs und Matthias Falke für die museale Präsentation 
                der Veitshöchheimer Figuren eine Architektur entworfen, die die 
                Elemente der Gartengestaltung aufnimmt, aber zu einer Galerie 
                gemäßen Abstraktion führt: Es ist ein doppelwandiges Heckenrondell 
                entstanden, bestehend aus einzelnen mit einem verfremdeten Buchenblattmuster 
                bedruckten, textilen Raumelementen, die unverhofft den Blick auf 
                das Innere oder Äußere freigeben und mit den beiden Ansichten 
                vom Großen und Kleinen See auch den Blick in die Ferne nicht missen 
                lassen. Dort, wo sie fehlten, auf den Originalsockeln nachempfundene 
                Podeste und durch ein helles Himmelslicht mit punktueller Strahlerunterstützung 
                ins rechte Licht gesetzt, kommen die Figuren nun gut zur Geltung 
                und machen die Museumsbesichtigung zu einer idealen Ergänzung 
                eines Besuches im Veitshöchheimer Garten. 
               Für 
                die ersten drei Monate ist dem Gartensaal im Mainfränkischen Museum 
                eine kleine Sonderausstellung angegliedert mit den Bozzetti (dreidimensionale 
                Entwurfsskizzen), Modellen (für den Auftraggeber oder die Werkstattmitarbeiter 
                gefertigte, kleinformatige, dreidimensionale und für die Ausführung 
                verbindliche Vorbilder) und Kleinskulpturen von Ferdinand Tietz, 
                die mit den Gärten von Veitshöchheim und Seehof in Beziehung stehen. 
                In diesem Kabinett gibt auch ein Kurzfilm der Schlösserverwaltung 
                einen Überblick über die Wasserspiele im Veitshöchheimer Garten.
               Mainfränkisches Museum Würzburg,
 Dr. Claudia Lichte
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