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                     Sie 
                      ist ein beliebtes Spielzeug und ein begehrtes Sammlerobjekt, 
                      doch gleichzeitig auch ein Wirtschaftsfaktor - die Puppe. 
                      Um 1900 wurden beispielsweise 80 % der weltweit verkauften 
                      Puppen in Deutschland hergestellt. Deutsche Hersteller wie 
                      Kämmer & Reinhardt (Waltershausen), Simon & Halbig (Gräfenhain), 
                      J. D. Kestner (Waltershausen) oder Armand Marseille (Sonneberg) 
                      und Ernst Heubach (Sonneberg) dominierten bis in die 20er/30er 
                      Jahre den Markt. Heute ist China der größte Spielzeugproduzent 
                      der Welt. Das Deutschordensmuseum Bad Mergentheim präsentiert 
                      in der Ausstellung "Vom Luxusobjekt zur Spielgefährtin. 
                      Puppen vom Biedermeier bis heute" ca. 400 Puppen aus zwei 
                      großen Privatsammlungen und von einer Puppenmacherin.
  Die Ausstellung erzählt die Geschichte deutscher Puppen 
                      seit der Mitte des 19. Jahrhunderts und stellt dabei die 
                      Produkte namhafter Hersteller wie Armand Marseille, Käthe 
                      Kruse, Schildkröt usw. vor. An den Puppen lässt sich einerseits 
                      der Wandel von Moden und Frauenbild ablesen. Andererseits 
                      wird sichtbar, wie sich Spielbedürfnisse der Kinder und 
                      Vorstellungen der Pädagogen ausgebildet haben. Im Hintergrund 
                      stehen wirtschaftliche Entwicklungen und Änderungen in der 
                      Produktion der Puppenindustrie. Zum einen war und ist die 
                      Puppe ein überaus kostbares Einzelstück, ausgestattet mit 
                      sorgfältig hergestellter Kleidung und reichhaltigem Zubehör, 
                      zum anderen ist sie ein einfach hergestelltes, robustes 
                      und für viele erschwingliches Massenprodukt.Die Ausstellung wird ermöglicht durch Gerda Ott und Renate 
                      Gröner, die beide seit Jahrzehnten dem Puppensammeln verfallen 
                      sind. Gerda Ott konzentriert sich auf Puppen als Luxusobjekte 
                      mit kostbaren Porzellanköpfen, aufwendigen Gewändern und 
                      reichhaltiger Ausstattung. Ihre Puppen sind angereist mit 
                      prall gefüllten Koffern voller Mieder, Unterwäsche, großen 
                      Hüten und aufwendiger Garderobe. Sie sitzen in Jugendstilpuppenmöbeln 
                      beim Tee, oder schaukeln damit die Zeit verrinnt. Eine Puppen-Kinderwagen-parade 
                      zeigt, wie großbürgerliche Mädchen ihre Puppenlieblinge 
                      spazierenfahren konnten. Hier ragt eine hölzerne Rikscha, 
                      mit Leder gepolstert und mit schattenspendendem Baldachin 
                      von 1880 hervor.
 Einen Gegenpol zu den modischen Puppen bilden Künstlerpuppen 
                      und die frühen Puppen von Käthe Kruse. Hier wirken sich 
                      pädagogische Reformen um 1900 aus, die forderten, daß Puppen 
                      lebensecht und kindgerecht sein sollten. Künstler wenden 
                      sich nun dem Entwurf von Puppenköpfen zu und es entstehen 
                      sehr differenziert ausgearbeitete Gesichter, die mehr kindlich 
                      und weniger puppenhaft wirken.
 Relativ spät erfunden wird das bebé, die Babypuppe, etwa 
                      Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich. Hier konnte die 
                      junge Puppenmutter im Rollenspiel bereits sachgerecht das 
                      Aufziehen von kleinen Kindern üben. Robuste Porzellanpuppen 
                      konnten sogar gebadet werden. Von Käthe Kruse wurden z. 
                      B. für den Unterricht von Lernschwestern Puppen entwickelt, 
                      die in Größe und Gewicht echten Babies entsprechen, z. B. 
                      das sogenannte Sandbaby von 1910. An ihnen konnte man den 
                      Umgang mit Neugeborenen lernen.
 Der Sammelbereich von Renate Gröner ist die Celluloidpuppe, 
                      die sich besonders ab den 30er Jahren als preiswertes Massenprodukt 
                      verbreitet. Ein solches Erfolgsprodukt ist die "Ursel" von 
                      Schildkröt - sie wurde bis in die 70er Jahre hergestellt. 
                      Es gab sie in 12 verschiedenen Größen von 7 bis 70 cm - 
                      wie die Orgelpfeifen aufgereiht kann man die verschiedenen 
                      Ausführungen und modischen Ausstaffierungen dieser Puppe 
                      bestaunen.
 Neben dem Massenprodukt Barbie, die seit den 60er Jahren 
                      in keinem Mädchenzimmer fehlen darf, werden die aufwendigen 
                      Puppen der Puppenmacherin Elisabeth Keßler aus Tauberbischofsheim 
                      gezeigt. Schon als 12-jähriges Mädchen hatte sie ihre erste 
                      Puppenschule hergestellt. In den 80er Jahren begann sie 
                      dann, Puppen mit selbst modellierten Porzellanköpfen samt 
                      Körper und Kleidung zu fertigen. Einerseits stellt sie Repropuppen 
                      nach alten Vorbildern her. Andererseits fertigt sie nach 
                      dem Vorbild von Kindern bzw. Fotos Porträtpuppen an, besondere 
                      Beispiele sind die von den berühmten Fechterinnen aus dem 
                      Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim wie z. B. Sabine Bau 
                      und Anja Fichtel. In großen Szenen sind Puppen beim Laternenumzug, 
                      bei der Hl. Kommunion, in der Puppenschule und in einer 
                      großen Weihnachtskrippe zu sehen.
 Die Ausstellung präsentiert Puppen aus deutscher Produktion 
                      von 1830 bis heute z. T. in großen Inszenierungen und mit 
                      reichhaltigen Zubehör (Schlitten, Kutschen, Möbel, Geschirr, 
                      Kleider, etc.). Die Vielfalt der Materialien wie Porzellan, 
                      Pappmache, Celluloid, Tortulon, Vinyl etc. wird sichtbar 
                      gemacht. Es wird ein unterhaltsamer und gleichzeitig informativer 
                      Streifzug durch ca. 180 Jahre Geschichte dieses Spielzeugs 
                      geboten.
 
 
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